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Die Neue Nationalgalerie bei Nacht.

© dpa

Schließung der Neuen Nationalgalerie: Es gilt ein Museum zu retten

Wenn Berlin mit einer Sache punkten kann in der Welt, dann mit Kultur. Mit der Schließung der Neuen Nationalgalerie kratzt die Stadt an ihrem schönen Selbstbild. Warum tut eigentlich keiner was?

Es läuft nicht rund mit der Kunst in Berlin. Die eine Woche findet – prost! – die Berlin Art Week statt mit jeder Menge Ausstellungseröffnungen, Messen, Partys. Die darauf folgende kommt der Kater – mit der schlechten Nachricht, dass es mit dem Museum der Moderne wohl doch nichts wird. Nicht in dieser Legislaturperiode, wer weiß, wann überhaupt noch. Wenn Berlin mit etwas in der Welt punkten kann, dann ist es wohl die Kultur: die Museen, die Konzerthäuser, die vielen Kreativen. Nun aber wird an dem schönen Selbstbild gekratzt, mit dem sich die Stadt gerade noch den internationalen Sammlern und dem Kunstpublikum präsentierte.

Die Agonie, in der die Neue Nationalgalerie während der tollen Tage der Art Week lag, gab bereits eine Ahnung von der Entmutigung, die sich im Mies-van-der-Rohe-Bau in den letzten Wochen vor der Schließung am 31. Dezember breit gemacht hat. Ab Mittwoch verwandelt David Chipperfield als Prolog für seine Sanierung die gläserne Halle in einen Säulenhain aus 144 Baumstämmen, genauer: entrindeten Fichten. Dieser tote Wald erscheint als passende Ouvertüre für das, was ab 2015 kommen wird: die vollkommene Ausweidung eines marode gewordenen Baus.

Mit Glück ist die Sanierung in drei Jahren geschafft - Platznot gibt es dann immer noch

Die Moderne, die eigentlich hier ihre Heimat hat, steht ähnlich eindrucksvoll entkleidet da. Kunsthaus, später. Mit Glück ist die Sanierung in drei Jahren geschafft. Doch dann gibt es immer noch nicht genug Platz: nicht für die Klassiker der Vorkriegszeit, nicht für die Bilder eines einst in Ost und West geteilten Landes, nicht für die in Aussicht gestellte Sammlung Pietzsch, denn bei der gewiss glanzvollen Wiedereröffnung quetscht sich nur alles wieder zurecht. Das Drama der ins Depot verbannten Meisterbilder möchte man nicht wieder erleben.

Die reine Panik spricht aus dem Aufruf von Kulturstaatsministerin Monika Grütters, es mögen sich private Gönner finden, die bei der Finanzierung eines Erweiterungsbaus helfen. Da kann man in Berlin nur müde lachen, wo es bereits mit dem Humboldt-Forum nicht recht funktioniert, das wenigstens schicke Säulen und edle Architrave an seiner Schlossfassade zu bieten hat. Die Big Spender verausgaben sich bereits auf der Museumsinsel, die Millionen schluckt. Geld gibt es in der Hauptstadt offensichtlich nicht mehr zu holen.

Direktor Udo Kittelmann geht in Deckung

Vielleicht sollte es Udo Kittelmann, der Direktor der Nationalgalerie, der ausgerechnet in diesen entscheidenden letzten Wochen vor der Schließung der Nationalgalerie in Deckung geht, statt für eine Galerie des 20. Jahrhunderts wie ein Löwe zu kämpfen, mal mit ganz anderen Methoden probieren. Crowdfunding hat sich in der Musik und im Filmbusiness bewährt. Warum nicht einen Kirchner zumindest gefühlt adoptieren, einen Kiefer als ganz besonderes Pflegekind pampern?

Es gilt ein Museum zu retten

Als es in Frankfurt am Main an Geld für den Erweiterungsbau fehlte, da bekamen die Stifter leuchtend gelbe Gummistiefel mit der Spendenquittung überreicht – sie waren der letzte Schrei. Das Kunsthistorische Museum in Wien offerierte während seiner Umbauzeit demonstrativ in Gold glänzende Radlerhelme, um Mittel zu akquirieren. Dann und wann sieht man auch in Berlin noch Radfahrer damit durch die Stadt kutschieren und fragt sich dann bang, wo sich die klugen Köpfe mit den zündenden Ideen eigentlich verbergen, in der erklärten Stadt der Kreativen. Es gilt ein Museum zu retten, das demnächst für lange Zeit von der Bildfläche verschwindet und dem für die Zukunft eine Perspektive fehlt. Nicht mehr und nicht weniger.

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