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Tropische Themen. Im Jahr 2018 entstand das farbgewaltige und fast schon abstrakte Bild „Rio Miranda“ von Reinhard Stangl.

© Galerie Sandau & Leo

Schau in der Galerie Sandau & Leo: Im Farbdschungel von Reinhard Stangl und Michael Jastram

Magie der Natur: Die Galerie Sandau & Leo kombiniert Bilder von Reinhard Stangl mit Michael Jastrams Bronzen.

Dschungel und Wüsten, Südsee und Gebirgslandschaften haben für Maler schon immer ihre naturgewaltige Magie gehabt. Spätestens seit der Romantik entstehen daraus dann zugleich Sehnsuchts- und Seelenlandschaften. Von äußerer Weite und innerer Verdichtung erzählen jetzt auch Reinhard Stangls in der Galerie Sandig & Leo unter dem Titel „Durch Amazonien“ präsentierte Gemälde und Farbgrafiken. Der heute 69-jährige Berliner Künstler wird dabei mit 17 Werken einer Reihe von meist kleinformatigen Bronzeplastiken des fast gleichaltrigen Berliner Bildhauers Michael Jastram kontrastiert. Entstanden sind sie zwischen 2008 und 2019.

Jastrams grazil feine Figuren von Menschen und Tieren bleiben auf angenehme Weise eigenständig und eigensinnig, ohne die Wandbilder direkt zu kommentieren. Das gilt, selbst wenn ein Reiter oder ein „Fährmann“ auf einem schmalen, gebogenen Kanu auch im Amazonasgebiet vorstellbar sind. Wobei das Kanu eher einer Wippe ähnelt und es bei dem stehenden Schiffer vor allem um die Balance gehen könnte. Das bleibt in einer reizvollen Schwebe.

Ohne direkt politisch zu wirken, fällt einem bei Reinhard Stangls Dschungel- und Wasserlauf-Bildern allerdings sofort die Bedrohung eines viel größeren Gleichgewichts ein: durch die fortschreitende Rodung und die Brände im amazonischen Regenwald. Spätestens seit sich Brasiliens neuer, rechtsradikaler Präsident Bolsonaro einen Teufel schert um die „Lunge des Planeten“, ist die vermeintlich grüne Hölle zugleich zum gefährdeten Paradies geworden.

Stangls farbschöne, in kraftvollen, doch nie plakativen Farbtönen gehaltene Bilder sind die Frucht zahlreicher Brasilien-Reisen des Malers, der zuletzt auch mit Ausstellungen in Rio de Janeiro oder Bahia Aufmerksamkeit und Sammler gefunden hat. Bereits früher ist Stangl ja mit suggestiv arkadischen Parklandschaften hervorgetreten – ganz im Gegensatz zu seinen mitunter stark erotischen Paarszenen, seinen die Hopper’sche Melancholie in einen berlinisch gegenwärtigeren Gestus übersetzenden Bar-Bildern oder einigen brillant expressiven nächtlichen Großstadtpanoramen.

Auch die neuen Impressionen sind voll tropisch leuchtender Formen und Farbigkeit, bisweilen wie von der Luftfeuchtigkeit mit leichtem Nebel durchzogen. Daneben werden einzelne aufflammende Blüten gleich zu bunten Explosionen. Auf den größeren Ölbildern und einigen Arbeiten auf Papier behaupten sich Rot-, Gelb- und Blautöne gegen die Schwärze von Holzstämmen und das Grün der Schlingpflanzen.

[Sandau & Leo Galerie, Tucholskystraße 38; bis 21. September, Di–Sa von 12–18 Uhr]

Es ist allemal ein virtuoses Spiel von Stimmungen, Valeurs, einbrechenden Lichtstrahlen oder Schlagschatten in den Bildern einer meist menschenleeren Natur. Doch gerade die Abwesenheit von Personen macht die Amazonas-Ansichten zu Projektionsflächen des Betrachters. Keine Bilder, die man sich schnell an- und absieht. Vielmehr dringt der Blick gleichsam ein in den farbigen Dschungel, in die nicht traurigen, eher stolzen Tropen, und dann beginnt im Kopf noch ein zweites Spiel. Man kann in den zwischen Impression und Abstraktion changierenden Naturformen lesen und sie in je persönliche Fantasiegemälde verwandeln. Das ist von hohem ästhetischen Reiz.

So lädt die seit zwei Jahren von Jörg Sandau und Doris Leo an der Ecke Tucholsky- und Auguststraße neu installierte Galerie zu einer ganz eigenen Reise „Durch Amazonien“. Mit Preisen von 500 Euro (für Lithografien) und 2200 bis 11 000 Euro für die Ölgemälde von Stangl sowie 2200 bis 16 000 Euro für Jastrams Bronzeskulpturen.

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