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Kein Lauch mehr. Kollegah verspricht, aus seinen Kunden "Alphas" zu machen.

© Matthias Balk/dpa

„Salat lässt deine Muskeln schrumpfen“: Lauchs sind Kollegahs Gemüse

Der Deutschrapper Kollegah hat ein Coachingprogramm entwickelt. Damit löst er vermeintlich ein Problem, das er selbst in die Welt gesetzt hat. Eine Glosse.

Kollegah war mal ein Lauch. Das würde der Rapper sogar selbst zugeben. Lauch stand 2018 als Jugendwort des Jahres zur Auswahl und meint das, was man früher Hänfling nannte: keine Muskeln, blass, schwach. Kollegah mag keine Lauchs. Deshalb rappt er Zeilen wie „diese Lauchgestalten sind klein“ und „der schwach gebaute krasse Lauch“. Manchmal versteckt er das Gemüse auch in Weisheiten wie „man kann auch von ’nem 60-Kilo-Lauch auf die Fresse bekommen“. Jetzt hat er durch eine Recherche der Onlinemagazine „Buzzfeed“ und „Vice“ zumindest eine Ohrfeige bekommen.

Weil selbst Deutschrapper seit ein paar Jahren schwere Jungs sind und an jeder Ecke fürchten müssen, vom nächstbesten Lauch eins auf die Rübe zu bekommen, hat Kollegah, der passenderweise den bürgerlichen Nachnamen Blume trägt, entschieden, sich vom Kollegah zum Boss zu befördern.

Bruce Springsteen musste sich diesen Spitznamen noch teuer erarbeiten, indem er seine Band nach jedem Auftritt bar auf die Hand bezahlte. Kollegah brauchte dafür nur ein paar Hanteln und die Erkenntnis: „Salat lässt deine Muskeln schrumpfen“. Seitdem wäre niemand mit einem 60-Kilo-Körper so lebensmüde, ihm krumm zu kommen. Dass er zweimal wegen Körperverletzung angeklagt wurde, sei da bloß als Fußnote erwähnt.

Es muss für einen Kollegah ziemlich deprimierend sein, von lauter Lauchs umgeben zu sein. Also ersann er die „Bosstransformation“. Die ist sein ganz persönliches Fitnessprogramm, das verspricht, in zwölf Wochen für knapp 200 Euro einen ganzen Kerl aus jedem zu machen, der sich anstrengt.

Doch sogar Kollegah lernt noch dazu, er hat erkannt, dass in einem starken Körper kein Platz ist für einen lauchigen Geist, also hat er ein zweites Programm aufgesetzt – das „Alpha Mentoring“. Dort haben sich nun „Buzzfeed“ und „Vice“ unter falschem Namen angemeldet und sich von Kollegahs Kollegen coachen lassen. Irritiert hat die Reporter, dass potenzielle Kunden sich erst bewerben, Auskunft über ihre Willensstärke respektive Kaufkraft geben und im konkreten Fall 2000 Euro für die Mitgliedschaft in der „Alpha-Armee“ zahlen müssen. Ein starker Geist kostet also zehnmal so viel wie ein kräftiger Körper.

In Kollegahs Ratschlägen geht es oft um Eier

Dafür dürfen die Kunden sich von einem der Coaches unter Druck setzen lassen, um dann wechselweise gelobt („Ihr seid die kleine Minderheit, die alles umkrempeln kann“) oder runtergeputzt zu werden („Du bist eine Pussy. Lass dir Eier wachsen“). Überhaupt geht es bei Kollegahs Ratschlägen oft um Eier.

Und weil der Tausendsassa mit Geld verdienen und Erniedrigung nicht ausgelastet ist, bringt er zwischendurch noch ein paar krude Verschwörungstheorien ein. Da erklärt er zum Beispiel, dass die Weltordnung eine Pyramide sei, deren Spitze ihre Befehle direkt von Satan empfängt. Wer wäre in so einer Welt nicht lieber ein Alpha als ein Lauch?

Vielleicht ist es aber auch einfach so: Felix Blume und ein großer Teil der jüngeren Deutschrap-Szene haben über Jahre hinweg ein Männlichkeitsbild kreiert und vorgelebt, nach dem sich ihre durchschnittlich gewachsenen Fans nur minderwertig fühlen konnten. Kollegah hat ein Problem in die Welt gepflanzt, das er nun zu lösen verspricht. Ernte: 2000 Euro pro Lauch. „Bosstransformation“ verkauft sich eben viel besser als „Bauerntrick“.

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