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Dinu Tamazlacaru ist Erster Solotänzer des Staatsballetts Berlin.

© Carlos Quezada

Saisonstart in Berlin: Das Staatsballett tanzt wieder

In der Deutschen Oper präsentiert das Staatsballett Berlin die Gala „From Berlin With Love“ - vor einem sehr kleinen Kreis von Fans.

Von Sandra Luzina

Das Video „From Berlin With Love“, mit dem die Tänzer und Tänzerinnen des Staatsballett Berlin sich im März aus der häuslichen Isolation meldeten, ging viral. Der Gala-Abend, mit dem die Compagnie auf die Bühne zurückkehrt, trägt nun denselben Titel. Die Liebesgrüße aus Berlin erreichen bei der Premiere aber nur eine eine kleine, mutige Schar von Ballettenthusiasten. In der Deutschen Oper werden wegen der geltenden Abstandsregeln derzeit nur 415 der 1859 Sitzplätze zur Verfügung gestellt. Es kam aber deutlich weniger Publikum zur Premiere. Die Zuschauer wirkten fast verloren im großen Saal. Für die Tänzer sicher kein besonders motivierender Anblick.

Der Gala-Abend ist natürlich nur eine Notlösung, denn Klassiker wie „Schwanensee“ oder „La Bayadère“ können derzeit nicht aufgeführt werden. Das Staatsballett ist aber in einer vergleichsweise günstigen Situation: Es gibt einige Tänzer, die privat liiert sind oder in einem Haushalt leben. So können nicht nur Soli gezeigt werden an diesem Abend.

Zu Beginn wird im Tutu getanzt

Der Auftakt könnte lieblicher nicht sein. Die Ersten Solotänzerinnen Iana Salenko, Yolanda Correa, Elisa Carrillo Cabrera und Ksenia Ovsyanick treten zu Beginn in die Fußstapfen der berühmtesten Ballerinen der Romantik. In dem Pas de quatre von Anton Dolin, der auf der Choreografie von Jules Perrot basiert, formieren die vier sich anfangs kniend und auf Spitze balancierend zu einem anmutigen Tableau. In Tutus trippeln, schweben und schwirren sie als Elfen über die Bühne. Einen Kontrast zu dem lieblichen Reigen bildet das kraftvolle Solo von Alexander Abdukarimov, der versucht, aus der Dunkelheit ins Licht zu gelangen.

Die Überraschung ist groß, als plötzlich drei Musiker den Orchestergraben betreten. Sie begleiten das Tänzerpaar Iana Salenko und Marian Walter, das den berühmten Pas de deux aus „Schwanensee“ interpretiert. Durch die Livemusik wirkt das Duett noch inniger. Und sogar ein Sextett steht auf dem Programm: Drei Paare tanzen einen Auszug aus Heinz Spoerlis Ballett „Ein Sommernachtstraum“ zu Musik von Philipp Glass. Die Bewegungssprache des Schweizer Choreografen besticht durch klare Linien und eine schöne Sinnlichkeit. Den drei Paaren gelingt es, eine erotische Spannung aufzubauen.

Großartig: Polina Semionova anrührendes Solo

Ein Höhepunkt ist der Auftritt von Gaststar Polina Semionova, die Mauro Bigonzettis Choreografie „Cinque“ zum „Stabat Mater dolorosa" von Antonio Vivialdi tanzt. Immer wieder legt sie die Hand vor den Mund. Sie wirkt wie eingeschnürt in ihren Gefühlen, sucht nach einem Weg, Verzweiflung und Trauer zum Ausdruck zu bringen. Das anrührende Solo wirkt wie ein Kommentar auf die aktuelle Situation.

Der Erste Solotänzer Mikhail Kaniskin verabschiedet sich nach 13 Jahren beim Staatsballett Berlin von der Bühne. Er interpretiert mit seiner Ehefrau Elisa Carrillo das Duett „Kazimir’s Colours“ von Mauro Bigonzetti, das Nähe und Distanz in teils vertrackten Bewegungen auslotet. Beim Gala-Abend am Samstag werden auch einige seiner Weggefährten in Berlin auftreten.

Vier Männer posieren wie eine Boyband

Die Männer in den „Variations for Four“ von Anton Dolin schrammen dann haarscharf an der Albernheit vorbei. Daniil Simkin, Dinu Tamazlacaru, Cameron Hunter und Konstantin Lorenz werfen ihre schwarzen Capes zu Boden, ziehen dann aber nicht den Degen, sondern posieren in Glitzeroberteilen wie eine Boyband. Tänzerisch können nicht alle überzeugen. Tamazlacaru brilliert mit hohen Sprüngen, aber Simkim wirkt merkwürdig verhalten. Zum Schluss wird noch ein mitreißendes Video gezeigt, dass die Tänzer beim Training zeigt (weitere Vorstellung am heutigen Samstag). Und da die Tänzerinnen und Tänzer des Staatsballetts so viel Liebe zu geben haben, wird es noch eine zweite Gala geben. „From Berlin With Love II“ läuft vom 18. bis 20. September in der Staatsoper.

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