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Soll Asche von Holocaust-Opfern enthalten. Die „Gedenksäule gegen den Verrat an der Demokratie“ vor dem Reichtagsgebäude.

© Christophe Gateau/ picture alliance/ dpa

Update

Säule vom Zentrum für politische Schönheit: Weitere Installationen zu umstrittener Kunstaktion aufgetaucht

Neben Berlin standen auch in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt Gedenksäulen des „Zentrums für politische Schönheit“. Inzwischen wurden sie wieder entfernt.

Im Zusammenhang mit der umstrittenen Kunstaktion des „Zentrums für Politische Schönheit“ (ZPS) in Berlin sind weitere Installationen bekanntgeworden. Neben der Gedenksäule für NS-Opfer im Berliner Regierungsviertel waren ähnliche Installationen auch in Chemnitz (Sachsen), Halle (Sachsen-Anhalt) und Arnstadt (Thüringen) aufgetaucht, wie mehrere Medien am Donnerstag berichteten.

ZPS-Mitbegründer Philipp Ruch bestätigte dem Evangelischen Pressedienst (epd) die Existenz weiterer Installationen. Alle Gedenkstätten im Rahmen der Aktion „Sucht nach uns!“ seien mittlerweile geschlossen worden. Angaben, wo sich darüber hinaus Installationen befinden, wollte die Künstlergruppe nicht machen.

In Chemnitz soll eine Glassäule laut der Tageszeitung „Freie Presse“ ähnlich wie in Berlin angeblich auch Asche und Knochenreste enthalten haben. Der Generaldirektor der Chemnitzer Kunstsammlungen, Frédéric Bußmann, habe dem Künstlerkollektiv eine Ladenfläche bis Jahresende vermietet.

In der „Süddeutschen Zeitung“ berichtete die Schriftstellerin und Journalistin Mirna Funk von der Aufstellung einer ZPS-Stele in Halle. Dabei sei auch das Gedicht „Die Asche von Birkenau“ des jüdischen Schriftstellers Stephan Hermlin, ihrem Ur-Großvater, verwendet worden. „Unsere Familie wurde selbstverständlich nicht gefragt, ob sie dieser Veröffentlichung zustimmt“, kritisierte Funk auf Twitter.

In Arnstadt habe das ZPS gegenüber des AfD-Bürgerbüros eine gefüllte Glassäule aufgestellt, berichtete der MDR. Auch hier soll das Gedicht „Die Asche von Birkenau“ zu sehen gewesen sein. Laut MDR hatte die Künstlergruppe für zwei Wochen ein leerstehendes Ladengeschäft angemietet.

Als Reaktion auf die Gedenksäule mit der Asche von Holocaust-Opfern vor dem Reichtagsgebäude hatte die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland Unterstützung bei der Beisetzung angeboten. In einem am Mittwochabend veröffentlichten Schreiben riefen die Rabbiner die Gruppe auf, die Ruhe der Toten wiederherzustellen und die Asche gemäß dem jüdischen Religionsgesetz Halacha beizusetzen. Der Vorstand der Rabbinerkonferenz zeigte sich bestürzt über die „sogenannte Kunstaktion“ vor dem Reichstag in Berlin.

Die Rabbiner erklärten in ihrem Brief an das Künstlerkollektiv: „Nicht genug, dass Sie die Totenruhe von Opfern der Shoa stören und diese für ihre eigenen Zwecke missbrauchen, sind wir nun sehr besorgt, dass sie zum Ende ihrer 'Kunstaktion' nicht einmal gemäß der Halacha (jüdischen Gesetzen) ihre Ruhe finden können.“

Jüdische Menschen sollten nach ihrem Tod „schnellstens der Ewigen Ruhe überführt werden“, möglichst noch vor dem Wochenfeiertag Schabbat. Dieser beginne am Freitag um 15.36 Uhr. „Eine würdevolle Beisetzung der Asche muss daher in den frühen Vormittagsstunden stattfinden“, erklärten die Rabbiner Avichai Apel, Mordechai Balla und Yehuda Pushkin für den Vorstand der Rabbinerkonferenz. Dabei sei man gerne behilflich.

ZPS-Gründer Ruch wollte sich am Donnerstag nicht äußern, ob das Künstlerkollektiv das Angebot annehmen werde. „Das gesamte Gedenkstättenkonzept wird derzeit überarbeitet“, betonte Ruch. Das „Zentrum für politische Schönheit“ hatte am Mittwochnachmittag Betroffene, Angehörige und Hinterbliebene sowie jüdische Institutionen, Verbände und Einzelpersonen um Entschuldigung gebeten und räumte Fehler ein. Das Kernstück der Säule - ein orangefarbenes Glasmodul in dessen Innerem sich offenbar von Kunstharz umschlossene Asche und Knochen befinden sollen - wurde inzwischen verhüllt. Eine für Samstag geplante Aktion, bei der für die temporäre Gedenksäule ein dauerhafter Betonsockel gegossen werden sollte, wurde abgesagt.

Die Kunstaktion war vielfach auf Kritik gestoßen. Unter anderen hatte der Zentralrat der Juden eine mögliche Störung der Totenruhe kritisiert. Auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte von den Künstlern die Beachtung jüdischer Religionsgesetze gefordert.

Im Rahmen der umstrittenen Kunstaktion „Sucht nach uns!“ soll vom ZPS auch die Grabplatte des früheren Reichskanzlers Franz von Papen (1879-1969) aus dem saarländischen Wallerfangen entfernt worden sein. Das saarländische Landespolizeipräsidium hatte das Fehlen der Platte bestätigt. Auf die Frage zum Verbleib der Grabplatte bekräftigte Ruch erneut: „Franz von Papen ist auf dem Weg nach Berlin, um die historische Schuld des deutschen Konservatismus aufzuarbeiten“.(epd)

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