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Tonmeister. Klaus Hoffmann moderiert das Sängerfest – aber natürlich wird er auch als Interpret auftreten.

© Malene

Sängertreffen in Neuhardenberg: Lebenskluge Botschaften

Klaus Hoffmann holt Weggefährten wie Erika Pluhar und Konstantin Wecker zum Sängertreffen.

Hoch über dem Kopf dieser weite blaue Himmel des Oderbruchs, unter den Füßen weiches Gras und schmeichelnde, oft auch anspruchsvolle Töne für die Ohren. Das wird ein Fest! Zum ersten Mal gibt es das „Neuhardenberger Sängertreffen“ – natürlich Open Air. Ob Klaus Hoffmann das kuratieren wolle, fragte man aus Neuhardenberg. Klar wollte er. Kein Problem, er kennt doch so viele Kollegen. Alte Weggefährten, aber auch jüngere Künstlerinnen und Künstler, die er schätzt. „Alle haben spontan zugesagt“, erzählt Hoffmann, so, als staune er selbst darüber. Vielleicht liegt es an diesem einzigartigen Ort, von dessen Romantik Hoffmann schwärmt. Aber vielleicht hat jeder auch einfach Lust auf ein nettes Treffen mit Freunden aus der Szene.

Klaus Hoffmann, der vor Kurzem sein 42. (!) Album unter dem Titel „Aquamarin“ veröffentlicht hat, wird moderieren. Aber natürlich wird er auch selbst singen, eine Mischung aus alten und neuen Liedern, vielleicht sogar ein paar Songs von Jacques Brel. Der Belgier schließlich hatte ihn früh fasziniert und inspiriert, eigene Songs zu schreiben und zu interpretieren.

Eine ganz Große darf Hoffmann ansagen: Erika Pluhar. Ihre (lebens-)klugen, oft so nachdenklich stimmenden Songs passen gut in diese stille Gegend. Ob sie wohl auch eins von ihren bitterbösen Wienerliedern singen wird?

Deutsches dominiert bei diesem Sängertreffen, und so ist es gut, dass auch Etta Scollo eingeladen ist. Die temperamentvolle Sizilianerin mit Wohnsitz in Berlin mischt traditionelle Töne mit Pop und Jazz. Scollo („Singen gibt mir Freude“) kann aber auch leise und berührt mit ihrer betörenden Stimme das Innerste ihrer Zuhörer.

Konstantin Wecker kämpft schon ewig gegen rechte Strömungen

Der in der DDR aufgewachsene Wenzel („Abschied immer wieder“) ist meist mit mahnenden, zweifelnden Liedern unterwegs. Lange her, dass er über „Die Neuen Menschen“ sang und das moderne Reisen beschrieb. Und doch klingt es wie eben gedichtet: „Nur die träge Seele kommt dabei ins Schwitzen/ Über Kontinente gehetzt ohne Halt ohne Spur/ Verschlingen sie, wie die Kinder Lakritzen/In Minuten tausend Jahre Kultur.“

1998 war es, als Wenzel in seinem Song „Such mich nicht“ nachts „den Aufmarsch der vergnügungstollen Horden“ beobachtete, „eine Demo, ein verwunschner Maskenzug!“ – und zu dem Schluss kam: „Vielleicht bin ich auch zu alt dafür geworden, zu vergrübelt und nicht positiv genug.“ Für Hoffmann ist Wenzel „ein richtiger Rebell“, aber auch „fast ein Rimbaud.“

Und Konstantin Wecker? „Er ist der lauteste von uns“, sagt Hoffmann. Wecker nenne sich selbst „Antifaschist“, und tatsächlich kämpft der heute 71-Jährige gefühlt schon ewig gegen rechte Strömungen. Unvergessen ist seine bayrische Ballade von „Willy“, („gestern habns an Willy daschlogn, und heit, und heit, und heit werd a begrobn“). 1977 hat er sie geschrieben – und singt sie, weil es in diesen Zeiten leider wieder sein muss, immer noch. 2018 hat Wecker unter dem Titel „Sage Nein“ antifaschistische Lieder von 1978 bis heute aufgenommen. Aber die wird er doch nicht singen, in der Neuhardenberger Idylle? Man darf gespannt sein. „ Er ist ein Bühnentier“, sagt Hoffmann über Wecker.

Erika Pluhar singt vielleicht auch ihre Wienerlieder.
Erika Pluhar singt vielleicht auch ihre Wienerlieder.

© Hans Punz/APA/dpa

Ein bisschen Melancholie muss das Publikum aushalten

Da hat sich der Kurator was eingebrockt. Muss die unterschiedlichen Charaktere seiner Freundinnen und Freunde bedenken, eher stille Naturen womöglich etwas nach vorn schubsen, und die Extrovertierten einfangen. Und selbst muss er sich zwischen den anderen ja auch einen Platz schaffen. Beginnen will er keinesfalls, „das werden ja nicht Hoffmanns Erzählungen“. Vermutlich werde er mit Wenzel einleiten. Und dann vielleicht Katharine Mehrling? Preisgekrönte Schauspielerin, Sängerin, Songschreiberin. Grandios interpretiert (e) sie Edith Piaf – und eigene Lieder so, dass man eine Gänsehaut bekommt. „Ich lauf’ ziellos durch Berlin, bin wie besessen auf der Suche nach dem Sinn“, heißt es etwa. Immer wieder war und ist die Metropole Thema. Das vierte Album (1978) von Klaus Hoffmann hieß „Was fang’ ich an in dieser Stadt?“. Eine Strophe daraus lautete: „Was fang ich an in dieser Stadt/die soviel Fortschritt nötig hat/doch wie ein zahnloses Weib über alles Neue lacht/die für Touristen Masken trägt/wenn ihre Nacht den Dreck verpackt/was fang ich an?/was hält mich noch in dieser kalten rostig fett, schon fast verfaulten Bärenstadt?“

Den Lebensbogen zwischen Aufbruch und Ankunft werden die Liedermacher wohl auch auf der Neuhardenberger Bühne besingen. Ein bisschen Melancholie muss das Publikum wohl aushalten hier, unter den alten majestätischen Bäumen. Passt doch. Berliner auf Landpartie wünschen ja nicht nur johlenden, schenkelklopfenden Spaß.

Alle Künstler kommen „mit kleinem Besteck“, erklärt Hoffmann, also ohne Band, nur mit Akkordeon, Gitarre oder Klavier. „Wir kreieren einen Sehnsuchtsort“ formuliert er ein wenig ironisch. Und schiebt nach: „Wenn das Konzept ankommt, wollen wir jedes Jahr ein Sängertreffen organisieren.“ So gesehen könnte er sich schon mal nach Mitstreitern für 2020 umsehen. Und vielleicht ein paar jüngere Interpreten einladen. Womöglich einen neuen Jacques Brel? Der, so meint Hoffmann, hätte es heute schwer. Wer weiß. Neuhardenberg ist gut für kleine Wunder.

Schlosspark Open-Air, 8. Juni (Pfingstsonnabend), ab 14 Uhr. Mehr Infos zum Konzert finden Sie hier.

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