zum Hauptinhalt
Der 27-jährige Israeli Lahav Shani.

© Marco Borggreve

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin: Alleskönner

Der 27-jährige israelische Dirigent und Pianist Lahav Shani begeistert beim RSB.

An Selbstbewusstsein mangelt es Lahav Shani wahrlich nicht: Für seinen zweiten Auftritt mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin hat der 27-jährige Dirigent nicht nur zwei Partituren ausgewählt, die allerhöchste technische Ansprüche an die Musiker stellen – beim dritten Stück des Abends setzt er sich auch noch selber an den Flügel, um Dmitri Schostakowitschs 2. Klavierkonzert zu spielen. Ein kniffliges Stück, das vor allem von rhythmischer Präzision lebt, von den coolen Off-Beat-Effekten zwischen Solist und Kollektiv.

Höllisch müssen alle Beteiligten schon im Eröffnungssatz aufpassen, damit sich die witzige Wirkung dieser Militärmusik- Parodie einstellen kann. Da erweist sich ein vermittelnd wirkender Maestro normalerweise als durchaus hilfreich. Doch Lahav Shani gelingt es tatsächlich selbst vom Klavierhocker aus, das schnittige Geschehen zusammenzuhalten, während seine Finger über die Tasten sausen. Weil sein Körper die Musik förmlich in alle Richtungen abzustrahlen scheint.

In den Schlusston hinein knallt das erste "Bravo"

Der kurze langsame Satz hat magische Intensität, wird zu einem sehr privaten Moment bittersüßer Melancholie, bevor dann das Finale losbricht, wiederum äußerst quecksilbrig, als würde der Komponist der Obrigkeit die Zunge herausstrecken, die sowjetische Staatsdoktrin von der Arbeiter-und-Bauern-Kunst verhöhnen. Bei diesem überdrehten Powerplay peitschen sich Lahav Shani und das Orchester so mitreißend gegenseitig voran, dass schon in den Schlusston hinein ein erstes „Bravo“ aus den Höhen der Philharmonie knallt.

Es ist die natürliche Autorität seiner Dirigiergestik, die sofort auffällt bei dem jungen Mann aus Israel, der an der Berliner Eisler-Musikhochschule studiert hat. Shani fordert die Instrumentalisten wirklich heraus, was ihnen sichtlich Spaß macht – und in Paul Dukas’ Tondichtung nach Goethes „Zauberlehrling“ für einen extra Adrenalinkick sorgt. Den können andere Maestri nicht bieten, die vor allem auf Detailarbeit an der raffinierten Instrumentation bedacht sind.

Atmosphärisch dicht gelingt Strawinksys "Feuervogel"

Lahav Shani dagegen haushaltet nicht mit den Ausdrucksmitteln, zieht die Steigerungen beim Wasser-Marsch des verzauberten Eimers immer gleich auf volle Lautstärke hoch. Und hat das Glück, in den RSB-Musikern Partner zu finden, bei denen selbst im wildesten Prestissimo das Klangbild stets vorbildlich transparent bleibt.

Atmosphärisch dicht und doch tänzerisch leichtfüßig gelingt auch die Suite aus Strawinskys „Feuervogel“-Ballett, das Orchester übertrifft sich noch einmal selber, lässt die Märchenmusik kostbar schimmern wie edle Seiden- und Damaststoffe. Jetzt schon mal vormerken: Am 7. und 9. Mai wird Lahav Shani wieder in Berlin zu erleben sein, dann mit der Staatskapelle.

Zur Startseite