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Erfand das Prinzip der Kunstmesse. Der Berliner Galerist Rudolf Zwirner.

© Kai-Uwe Heinrich

Rudolf Zwirner über das Museum der Moderne: Das MoMA kommt nicht mehr nach Berlin

Ohne das Museum der Moderne gehen wichtige Ausstellungen an der Hauptstadt vorbei. Eine Regierung wird auch daran gemessen.

Rudolf Zwirner, geboren 1933 in Berlin, war lange als Galerist in Köln tätig und erfand das Prinzip der Kunstmesse. Das geplante Museum der Moderne steht in der Kritik. Der Bundestag muss noch endgültig über die Mittel entscheiden.

Die Museumslandschaft in der Bundesrepublik Deutschland in München, Köln, Hamburg, Stuttgart und Frankfurt, um nur einige Städte zu nennen, ist in Europa vorbildhaft. Trotzdem muss Berlin sich mit seinen Ausstellungen auch international messen lassen.

London, Wien, Paris, Basel hatten und haben ein ungleich stärker international wahrgenommenes Ausstellungsprogramm. Das gilt für die alte wie auch für die neue Kunst. Da sieht es leider schon nicht mehr so gut aus für Berlin, der Hauptstadt des wirtschaftlich reichsten europäischen Landes.

Die großartigen internationalen Ausstellungen sind zurzeit in Paris im Louvre mit Leonardo da Vinci und El Greco im Grand Palais, die Pierre-Bonnard-Ausstellung im Wiener Kunstforum und in der Albertina die umfassende Ausstellung mit Werken Albrecht Dürers und gleichzeitig eine Retrospektive von Maria Lassnig und im Kunsthistorischen Museum Caravaggio und Bernini. In Basel in der Fondation Beyeler die bedeutende Sammlung von Rudolf Staechelin mit Werken von Cézanne, Degas, van Gogh, Monet, Picasso, um nur einige aktuelle bedeutende Ausstellungen zu benennen.

Um in Zukunft wieder mit den Hauptstädten Europas und mit New York auf Augenhöhe auch gemeinsame Projekte realisieren zu können, muss die Stadt Berlin angemessene, moderne Ausstellungsräume anbieten können.

Trotz der berechtigten Kritik, dass die genannten Baukosten doppelt so hoch sein werden muss das Museum gebaut werden. Die detailgenaue Ausformung und Raumabfolge in der Planung sind in der Zwischenzeit zur völligen Zufriedenheit aller Kuratoren der Nationalgalerie geschaffen worden.

Ausstellungen zur Kunst des 20. Jahrhunderts fehlen in Berlin

Wer so bedeutende und renommierte Architekten wie von Herzog und De Meuron verpflichtet, muss wissen und weiß es auch, dass die zunächst genannten Preise nichts mit der Realität zu tun haben. Die jetzige Aufregung – auch in der deutschen Presse – erscheint mir unaufrichtig und richtet sich vielmehr gegen ein Museum, das nur der Kunst des 20. Jahrhunderts verpflichtet ist.

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Wenn die Nationalgalerie weder angemessene Ankaufsetats noch Räume zur Verfügung stellen kann, wird es künftig auch keine Sammler mehr geben, die ihre Werke diesem Museum anvertrauen wollen. So mussten wir in der Vergangenheit leider feststellen, dass so bedeutende Ausstellungen wie die Ausstellung des Museum of Modern Art im Jahre 2004 in der Neuen Nationalgalerie in Berlin nicht mehr stattfinden.

Es hat meines Wissens nach noch nie eine Retrospektive mit Werken von Pierre Bonnard, der 1948 mit einer Ausstellung im MoMa die amerikanische Moderne maßgeblich beeinflusst hat, in Berlin gegeben. Auch nicht von Barnett Newman und Mark Rothko. Alberto Giacometti, Francis Bacon oder Lucian Freud sind zwar in kleineren Ausstellungen noch vor dem Mauerfall ausgestellt worden, die jedoch kein Bürger der DDR sehen konnte. Warum nicht erneut?

Neue Räume sind notwendig

Wenn für den Neubau des Schlosses hohe Beträge zur Verfügung gestellt wurden, ohne dass die Nutzung feststand, müssen umso mehr die Mittel für ein modernes offenes Museum bereitgestellt werden, dessen bedeutende internationale Sammlung des 20. Jahrhunderts vorhanden ist.

Es müssen moderne und unterschiedliche Räume gebaut werden, die die unterschiedlichen Formen der Kunst des 20. Jahrhunderts angemessen zeigen können, wie beispielsweise die bedeutende Videosammlung und Installationen von Künstlern des 20. Jahrhunderts.

Auch Politiker müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Nationalmuseum der Hauptstadt mit seinen Ausstellungen international wahrgenommen wird. Eine Regierung muss und wird auch daran gemessen, wie sehr sie sich für die kulturellen Belange in der bildenden Kunst und der damit verbundenen tragischen deutschen Geschichte einsetzt.

„Glücklicherweise“ finden nun in Potsdam bedeutende und überregional wahrgenommene Ausstellungen statt, die mehrheitlich privat von Hasso Plattner und Sponsoren finanziert werden.

Wenn ich mit einer persönlichen Lebenserfahrung schließen darf: Nur, wenn in naher Zukunft das geplante Museum des 20. Jahrhundert am Kulturforum auch zu einem Leuchtturm der Moderne historisch sowie für die Gegenwart wird, kann wieder ein internationaler Kunsthandel in Berlin wie in den 20er Jahren entstehen.

Rudolf Zwirner

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