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Rudolf Buchbinder in der Philharmonie: Gut Holz

Ein Beethoven für alle: Rudolf Buchbinder und die Dresdner Staatskapelle spielen in der Philharmonie.

„Kein Ereignis“ möchte man diesen Abend in der Philharmonie schon nennen, wären da nicht die Hundertschaften begeisterter Zuhörerinnen und Zuhörer, die Rudolf Buchbinder und die Staatskapelle Dresden beklatschen, als gäbe es kein Morgen mehr.

Zu den Akten des Berliner Konzertlebens darf also genommen werden, dass die sächsische Abordnung mit ihrem österreichischen Solisten-Dirigenten beim Publikum ausgesprochen gut ankommt. Gleich darunter allerdings sollte die Notiz stehen, dass das auch daran liegen könnte, dass sie nicht weniger als drei Klavierkonzerte auf einmal spielt, alle aus der Hand Ludwig van Beethovens.

Kein Mut zur Abwechslung

Das ist ein bekanntes und bewährtes Repertoire im Vor-Jubiläumsjahr 2020, dagegen kann niemand etwas haben. Eher schon wäre Anstoß daran zu nehmen, einen ganzen Konzertabend mit einem einzigen Genre zu bestreiten. Wird das nicht ein wenig eintönig? Ja, tatsächlich, das widerspricht dem alten musikalischen Grundsatz, dass Abwechslung erfreut, und zwar nicht nur im Durchführungsteil einer Sonate, sondern auch bei der Gestaltung von Programmen.

Gewiss, Rudolf Buchbinder spielt schön Klavier, allzeit gemessen, niemals schwitzend, und die Sächsische Staatskapelle, das ist sofort zu hören, kann sogar wunderschön spielen, besonders das Holz. Und gemeinsam hätte man sich nun dafür entscheiden können, Beethovens Biografie vor Ohren zu führen, die Nähe zu Haydn und Mozart im zweiten Konzert und die viel eigenere Tonsprache im dritten und vierten – immerhin liegen Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte zwischen den Werken. Man hätte auch spektakulär neue Interpretationen vorstellen oder sich noch einmal auf die vielen wunderbaren Momente dieses Repertoires besinnen können, den verflüsterten Beginn des Rondos im vierten Konzert oder den zauberischen Zeitstillstand im Largo des dritten. Aber so weit ging die Liebe dann offenbar doch nicht.

Gedankenverlorene Gesten

Außerdem fehlt dem Abend ein Dirigent, der aus dem gemütlichen Miteinander von Solist und Orchester ein echtes Geschehen gemacht hätte, also: ein Ereignis. So ist stattdessen zu erleben, wie Rudolf Buchbinder im Andante con moto des vierten Konzerts vom Flügel aus ebenso freundliche wie gedankenverlorene Gesten Richtung Orchester macht, so nimmt man wahr, dass er die Streicher mitunter recht achtlos mitlaufen lässt, hört zu, wie die Staatskapelle sich manchmal bequemt, dynamisch aufzutrumpfen (und dann immer übers Ziel hinausschießt), etwa bei dem viel zu heftig geratenden Crescendo am Ende des Allegro con brio im dritten Klavierkonzert.

Es ist ein Abend für Aficionados, ein Abend für die Kunstmusik ist es eher nicht.

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