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Der Schriftsteller Ror Wolf 2008 in seiner Wohnung in Mainz.

© Uwe Anspach/dpa

Ror Wolf ist tot: „Collagieren war für mich immer Entspannung“

Er studierte bei Adorno und Horckheimer und verfasste Lyrik, Prosa, Hörspiele und Radio-Collagen. Nun ist Ror Wolf nach langer Krankheit gestorben.

Der Schriftsteller, Hörspielautor und Künstler Ror Wolf ist tot. Er starb am Montag mit 87 Jahren nach langer Krankheit an seinem letzten Wohnort Mainz, wie der Frankfurter Verlag Schöffling & Co. am Dienstag mitteilte. Wolf war in den 70er Jahren mit Fußball-Hörcollagen bekannt geworden.

Der 1932 in Thüringen geborene Richard Georg Wolf verließ 1953 die DDR, arbeitete in Westberlin und später in Stuttgart als Straßenbauarbeiter, Druckereihilfsarbeiter und in einer Werbeagentur. Von 1954 bis 1961 studierte er Literaturwissenschaft, Philosophie und Soziologie in Hamburg und Frankfurt am Main, unter anderen bei Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und Walter Höllerer. Erste Moritate veröffentlichte Wolf unter dem Pseudonym Raoul Tranchirer in der Frankfurter Studentenzeitung „Diskurs“, deren Feuilleton er später leitete, bevor er als Literaturredakteur zum Hessischen Rundfunk wechselte. Dort war er verantwortlich für das Studio für neue Literatur.

Ror Wolf wurde vielfach ausgezeichnet

Ab 1963 lebte Wolf als freier Schriftsteller, verfasste neben Lyrik und Prosa Hörspiele und Radio-Collagen. Zu den bekanntesten Fußball-Arbeiten jener Zeit gehören „Schwierigkeiten beim Umschalten“, „Merkwürdige Entscheidung“ und „Der Ball ist rund“, die der Hessische Rundfunk produzierte. Von 1964 bis 1981 war Wolf Autor des Suhrkamp-Verlags.

Ror Wolfs schriftstellerisches Werk wurde vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2016 mit dem Schiller-Gedächtnis-Preis des Landes Baden-Württemberg und 2018 mit dem Rainer-Malkowski-Preis. Für das Hörspiel „Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nordamerika“ erhielt er 1988 den Hörspielpreis der Kriegsblinden.

2001 erkrankte Wolf an Krebs. Seinen Nachlass, zu dem Werke wie „Nachrichten aus der bewohnten Welt“, „Fortsetzung des Berichts“ und die Moritaten- und Balladensammlung „Aussichten auf neue Erlebnisse“ gehören, übergab Wolf noch zu Lebzeiten dem Marbacher Literaturarchiv.

„Collagieren war für mich immer Entspannung“

Als Künstler gestaltete er surreale Bild-Collagen, deren Grundmaterial er unter anderem aus Enzyklopädien herausschnitt. „Collagieren war für mich immer Entspannung. Ein Ausgleich zum Schreiben. Schreiben ist Unruhe, ist Beschäftigung mit den unendlich vielen Möglichkeiten der Worte“, sagte er 2007 in einem Gespräch mit der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Der Schöffling-Verlag schrieb in seinem Nachruf über Wolf: „Sein gesamtes Werk ist vom Spiel mit der Groteske geprägt.“ Das zeigt sich auch in dem kurzen, von Schöffling im Nachruf auf Wolf veröffentlichten Gedicht „Das nordamerikanische Herumliegen“ von 2005: „Ein Dunst liegt über Dakota / und über Nevada liegt Rauch / und Qualm über Minnesota / Am Ende liege ich auch.“ (TSP/epd)

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