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Große weiße Wolken: Der neue Roman von Matthias Zschokke.

© Paul Zinken / dpa

Roman von Matthias Zschokke: Unerträglich, charmant

Lustig sterben: Matthias Zschokkes neuer Roman beginnt liebenswürdig und witzig, nervt aber mit einem zu konstruierten letzten Buchdrittel.

Es ist schwer, unspektakulärer zu sterben als bei Matthias Zschokke. Der dicke Dichter in „Der dicke Dichter“ stirbt in einem Bahnhofsrestaurant; in „Der Mann mit zwei Augen“ kommentiert der Normaläugige: „Man setzt einen Schritt vor den anderen, und eines Tages fällt man um und ist tot. Ein Drama ergibt das natürlich nicht.“ Das Spektakuläre im Gewöhnlichen beschreibt Zschokke, um im Bild zu bleiben, siechend. In Zschokkes neuem Roman „Die Wolken waren groß und weiß und zogen da oben hin“ hätte, wollte und sollte Roman, der Held, eine Menge. Nur mit dem Machen hat er es nicht. Gleichförmig und gleichgültig kauft er jeden Morgen die gleiche Zeitung, immer „Café Latte klein“ – und wenn es das nicht gibt, nimmt er lieber nichts.

Und doch passiert eine Menge. Es wird gestorben, versagt, verzweifelt. Und zwar so lustig wie selten. So bittet ihn sein bester Freund per Brief, bitte Holzkohlen und Anzünder zu schicken, „Kohlenmonoxid sei eine sichere Angelegenheit und sanft“. Und Roman sendet Klebeband und Maxirolle, um die Schlüssellöcher abzukleben. Ja, und würde Roman eines Tages selbst tot umfallen, wäre das Buch eine charmante, kleine Lektüre voller Beobachtungen zur durchschnittlichen Unerträglichkeit des Lebens.

Das letzte Buchdrittel macht mürbe

Leider konnte Zschokke es sich nicht verkneifen, all die netten Beobachtungen im letzten Buchdrittel in einer seltsam konstruierten Theateraufführung im Konjunktiv II zu spiegeln. Da wäre der Mond mittlerweile durch die Fenster geschienen und die Baronne hätte den Förster herbeigerufen. Auf der ersten Seite: interessant. Auf der zweiten: mutig. Von der dritten bis zur fünfzigsten fragt man sich nur, wann das aufhört. Zschokke hat ein Buch geschrieben, das liebenswürdig loslegt, anmutig vor sich hin plätschert und hin und wieder sehr lustig ist. Am Ende macht es so mürbe, dass man den schönen großen ersten Teil glatt vergisst. Fast wie im Leben, könnte man meinen.

Matthias Zschokke: Die Wolken waren groß und weiß und zogen da oben hin. Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2016. 220 Seiten, 19,90 €.

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