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Genialer Freak. Rob Zombie ist für sieben Grammys nominiert.

© imago/ZUMA Press

Rob Zombie in Berlin: Genialer Freak

15 Millionen Alben verkauft und trotzdem noch Schmuddelfilmregisseur: Metal-Guru Rob Zombie rockt Huxleys Neue Welt.

Große, wirre Augen irren über die Bühne. Der dazugehörige Körper zappelt über die Bretter wie ein aufgeregter Krebs und sieht in diesem Disco-Lederfransen-Outfit mit Schlapphut, verschmiertem Horror-Make-up, struppigem Vollbart und verfilzten Zottelhaaren voll schlimm aus: Wie eine krude Mischung aus Möchtegern-George-Clinton und Motörhead-Lemmy, der aus dem Reich der Toten auferstanden ist, um es noch mal richtig krachen zu lassen.

Da steht er: Rob Zombie, der bereits 1985 als Frontmann der Trash-Metal-Combo „White Zombie“ aus einem New Yorker Gulli gekrochen ist und seitdem mit einer Menge pickliger Gemeinheiten durch die zerklüftete Unterwelt der Rockmusik marschiert. Daneben verdingt sich der 51-jährige Horrorfanatiker auch als Comicautor und Schmuddelfilm-Regisseur. Kenner der Materie schätzen die Splatterfilme wie seine Musik, die bekannte Hauruck-Elemente des Metal mit oberflotten P-Funk-Killer-Grooves und der atmosphärischen Schlotterdichte fieser Industrial-Sounds zu einem unschlagbaren Superwitz verdichtet.

Rob Zombie ist für sieben Grammys nominiert

Bevor am 27. Oktober mit „31“ sein neuester Schocker in die Kinos kommt, stellt der für sieben Grammys nominierte Künstler, der weltweit bislang über 15 Millionen Alben absetzen konnte, in Berlin noch schnell das sechste Soloalbum mit dem weihevollen Titel „The Electric Warlock Acid Witch Satanic Orgy Celebration Dispenser“ vor, das sich mal wieder so anhört, als ob Alice Cooper über die Red Hot Chili Peppers in eine Kettensäge gestolpert wäre.

Im ausverkauften Huxleys wird dann vor einem riesigen King-Kong-Bild die zu erwartende Best-of-Zombie-Show geliefert, die den Grusel gekonnt mit einer Hüpfburg-Party verknüpft und von den Fans in einem Wort zusammengefasst wird: „Genial!“ Wie sonst sollte man auch jene Gabe bezeichnen, die einen nach dem mächtigen Finale „Superbeast“ benommen zum Ausgang taumeln lässt, bis einem im wallenden Bierdunst plötzlich klar wird, das dies erst das zweite Stück war. Grenzenloser Jubel treibt einen zurück in das Wogen vor der Bühne, wo der dämonische Frontmann der entfesselten Band seine Jünger mit Schweißtropfen segnet und erneut die prägnante Gurgelstimme mit fetten Monster-Riffs und schaurigen Samples aus der Konserve mixt. Es ist eine gehaltvolle Symbiose, die das Publikum in eine brodelnde Brühe voll bekloppter Gänsehaut-Momente und kreischende Mitgröhl-Refrains taucht.

Der Metzelgitarrist hat einst mit Marilyn Manson musiziert

In scharfer Konkurrenz zum wilden Rob, der sich auf der Bühne wohlfühlt wie Sheriff Rick Grimes ("The Walking Dead"), dem eine blutlechzende Zombieherde auf den Fersen ist, steht der diabolisch grinsende Metzelgitarrist John 5, der einst (2005) von Marilyn Manson in die Zombiekapelle gewechselt ist und sich immer wieder mit rasiermesserscharfen Slide-&-Splatter-Soli in Szene setzt. Komplettiert wird die Band von Piggy D am Bass und Schlagzeuger Ginger Fish, die den Gesamtsound mit maximalem Ballerfaktor in den Keller treiben, wo schon die mutierte Großmutter wartet. Ein metallisch pulsierendes Gehämmer, das die Metropolen-Zombies zu einem stampfenden Androiden-Groove in Bewegung bringt, während aufblasbare Alienfiguren oder bunte Bälle in den Saal geworfen werden.

Vom Opener "Dead City Radio and the New Gods of Supertown" über den White-Zombie-Klassiker "Thunder Kiss '65" bis zur letzten Zugabe "Dragula" wird 70 Minuten lang eine vorweggenommene Halloween-Party gefeiert, mit einem bemerkenswert freundlichen Publikum, das zum Teil sehr schöne T-Shirts trägt, auf denen schleimige Totenschädel oder gedärmfressende Kreaturen abgebildet sind. Ob auch Rob Zombie im wirklichen Leben ein netter Typ ist, weiß man nach dem Konzert freilich nicht. Fest steht aber, das man gerade unter Musikern, die sich mit den Insignien des Bösen schmücken, tatsächlich oft die rührendsten Menschen findet (Umweltaktivisten, Tierschützer, Vegetarier, Frauenrechtler). Dass deren Fantasien - das Leben nach Comicvorlagen und Horrorfilm-Drehbüchern nie real sein können, ist ja der Clou an der Sache.

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