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Justin Doyle

© Matthias Heyde

Rias Kammerchor: Geistesbrüder

Unwiderstehliche Kraft des Gesangs: Der Rias Kammerchor unter der Leitung von Justin Doyle singt Britten und Poulenc.

Ein wunderbares Programm von unerschöpflicher Fantasie, getragen von tiefer Menschlichkeit. Die Zeitgenossen und Freunde Benjamin Britten und Francis Poulenc stellt der Rias Kammerchor einander gegenüber – erstaunliche Fundstücke der A-capella-Musik, Einsichten in die Möglichkeit einer Neuen Musik, die sowohl Traditionen als auch den Anspruch an Modernität bewahrt, vor allem aber Klänge von grenzensprengender Kraft, die den Kammermusiksaal überfluten.

Das gipfelt in Poulencs „La figure humaine“, 1943 entstanden: Die Uraufführung konnte erst zwei Jahre später in London stattfinden, mit außer Landes geschmuggelten Noten. Eher indirekt sprechen Leid und Todesschrecken aus den Worten des Résistance- Mitglieds Paul Eluard, in fast zu schöne poetische Bilder gebettet. Der in zwei Gruppen aufgestellte Chor wirft sich bewegte, kristallklare, luftige Wechselgesänge zu, findet bei Anrufung der „Geduld“ zu betörenden, sich zum Racheschwur steigernden Mischklängen. Das kann sich fast zum Schrei steigern – Chefdirigent Justin Doyle setzt auf kräftige Akzente, die dem Klanggeschehen eine Art zusätzliche emotionale Schicht einziehen, bis hin zur ekstatischen Anrufung der „Liberté“ durch alle Verluste und kärglichen Neuanfänge hindurch: aus zart raunendem Beginn entwickelt der Chor mitreißende Steigerungen, eine nahezu unwiderstehliche Kraft des Gesangs.

Rhythmisch geschärfte Ironie

Womöglich noch virtuoser ist er gefordert in Brittens „A.M.D.G“ („ad majorem Deo gloriam“), einem frühen Werk von 1939, das mit manchen Schärfen Gottes- und Kriegsliebe ironisch überspitzt. Der poetische Witz der „Five flower songs“, die engelhaft weichen Klänge der „Hymne an die heilige Cäcilie“ entfalten da stärkere Faszination. Susanne Langner stellt zur sensiblen Klavierbegleitung Helen Collyers Poulencs und Brittens Vertonungen eines Shakespeare-Textes einander gegenüber: reizvoll melancholisch die eine, mit rhythmisch geschärfter Ironie die andere. Auch Johannes Schendel und Minsub Hong zeigen mit zwei den Krieg anklagenden Poulenc-Liedern, mit welch subtiler Ausdeutung von Text und Gesangslinie sie zur überwältigenden Wirkung des Chores beitragen.

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