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Gipsplastiken im Depot der Berliner Akademie der Künste.

© Maximilian Merz

Provenienzforschung: Mehr Licht!

Beim ersten bundesweiten "Tag der Provenienzforschung" lud auch die Berliner Akademie der Künste in ihre Depots.

Auch die Berliner Akademie der Künste macht sich nun daran, ihre Bestände zu erforschen. Die Kunstsammlung, die in den Archiven des Hauses lagert, ist ja gar nicht so bekannt. Es kommt selten vor, dass es Stücke aus den Akademiekellern – oft sind es Gemälde und Skulpturen, die von Lehrenden, Professoren und Schülern der ehemaligen Lehranstalt gefertigt wurden – hinauf in die aktuellen Ausstellungen schaffen, wo es überwiegend ums Zeitgenössische geht. Doch unabhängig davon: Raubkunst aktiv aufzufinden, ist mittlerweile freiwillige Pflicht für viele Institutionen.

Wie das vor sich geht, vor allem dass es endlich vorangeht, darüber will der bundesweite „Tag der Provenienzforschung“ informieren. Der „Arbeitskreis Provenienzforschung“, in dem sich internationale Forscher zusammengeschlossen haben, fand am gestrigen Mittwoch erstmals statt. Daran beteiligten sich auch Berliner Institutionen.

Die Akademie der Künste lud in ihr Depot in der Luisenstraße ein. Man stieg hinab in den sonst nicht zugänglichen Kunstkeller. Präsentiert wurden unter anderem Ergebnisse des seit April 2018 laufenden Provenienzforschungsprojekts, das von Carolin Faude-Nagel betreut wird. Es geht vor allem um die Frage, ob NS-verfolgungsbedingt entzogenes oder in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR enteignetes Kulturgut in den Akademiearchiven vorhanden ist. Das herauszufinden ist knifflig. Vor allem die Stempeln und Markierungen auf den Rückseiten der Bilder geben Aufschluss.

Inschriften auf der Rückseite der Bilder helfen oft weiter

Von 393 ausgewählten Kunstobjekten sind 226 erforscht und rechtmäßig ans Haus gekommen, so Faude-Nagel. Vier Stücke, deren Herkunft nicht eindeutig bestimmt werden konnte, sollen in die Lost Art Datenbank eingestellt werden. Dazu gehört ein Porträt, das der Expressionist und zu Zeiten des Nationalsozialismus diffamierte Ludwig Meidner 1916 vom späteren Präsident der Akademie Ost, Johannes R. Becher, gemalt hat. Der junge Becher, mit schmalem Kopf und blauem Anzug, sieht in dem Bild aus, als würde er zu einer Selfiecam hochgucken.

Zunächst wurde angenommen, dass das Porträt zum Becher-Nachlass gehört, den die Akademie wie so viele andere Nach- und Vorlässe besitzt. Dann aber fand Faude-Nagel auf Basis einer Inschrift auf der Rückseite des Bildes heraus, dass es in Besitz des jüdischen Kunsthändlers Jsrael Ber Neumann gewesen sein muss, dem Inhaber des Graphischen Kabinetts in Berlin. Dann ging es an einen Wuppertaler Kunstsammler und kam 1952 aus „Berlin-West“ an die Akademie der Künste. Ob es in der Zeit davor unrechtmäßig entzogen wurde, gilt es jetzt herauszufinden.

Die Lost Art Datenbank könnte dabei helfen, wie sie es seit 2000 oft getan hat. In der Internet-Datenbank können Menschen kostenlos nach ihren in der NS-Zeit entzogenen Gemälden, Skulpturen und Büchern forschen.

Die Berlinische Galerie stellte zum Aktionstag die Forschung zum fünfteiligen Gemäldezyklus „Tempeltanz der Seele“ von Fidus vor. Die fünf Bilder wurden 2017 als NS-Raubkunst identifiziert, an die Nachfahren der früheren Eigentümer zurückgegeben und konnte dann von ihnen wieder erworben werden. So läuft es, wenn es gut läuft.

Insgesamt nahmen mehr als 70 Kulturinstitutionen, in Deutschland, Großbritannien, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz am „Tag der Provenienzforschung“ teil.

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