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Kann was aushalten. Komiker und Zeichner Fil, Jahrgang 1966, musste unters Messer.

© Daniel Porsdorf

Premiere von Fils neuer Comedyshow in Berlin: Wir sind doch alle irgendwie Helden

Der Berliner Alt-Punk Fil blödelt im Mehringhof Theater über Impfen, Hip-Hop und die Jugend. "SchmerzHerbst" heißt das Programm.

Neues Herz, alte Schnauze: Er ist back. Sie haben ihn nach Hause geschickt, ihm gesagt, er sei nicht relevant und ihm die Brust aufgerissen. Aber all das konnte Fil nicht aus der Spur werfen. Oder zumindest nicht von der Bühne. Jetzt startet sein neues Comedy-Programm „SchmerzHerbst“ im Mehringhof Theater.

Der alte Punker ist wie gewohnt zum Brüllen komisch, aber diesmal auch ein bisschen zickig. Er fühlt sich vom Zahn der Zeit, der an ihm nagt, wohl doch etwas zermürbt.

Auffrischen und moralisch überlegen sein

Schummriges Licht, es riecht nach Bier und Vorfreude: „Na Ihr Genesenen … und Geimpften“, begrüßt Fil die Leute. Und kommt dann schnurstracks zum Kern der Sache. „Wir sind doch alle irgendwie Helden…“. Haben uns schließlich impfen lassen, nur für die Allgemeinheit versteht sich, und zack können wir lästern. Corona als die „perfect commodity“ – alle paar Monate auffrischen und wir bleiben moralisch überlegen.

Ein bisschen erzählt er dem herzhaft lachenden Publikum auch von seiner Krankengeschichte. Herzklappe oder sowas musste ausgewechselt werden. Auch deswegen fielen zuletzt viele Shows aus. Stolz präsentiert er seine Narbe.

Dann geht es los: Die Jugend! Keine Ecken und Kanten hätte die.

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Diese Kellner mit ihrem: „Was willst du, mein Lieber? … Mach ich Dir, mein Lieber. Als ob das eine Gnade wäre, als ob er einem alten Mann aus der Patsche helfe!“ Fil schnaubt empört ins Mikrofon: „Ich sag’ euch doch auch nicht: Meine Lieben, ich mach euch einen Witz. Ich weiß, was ich tun muss … ich mach’s einfach und halt die Fresse!“

Zu höflich, zu faul und die Musik! Diese traurige Musik „mit Kreuz auf dem Rücken“, zu der man nicht mal tanzt: Hip- Hop. Um sie vorzuführen, ist ihm seine Gitarre fast zu schade. Zu rhythmischen Schlägen rhymed er seine Texte – gar nicht schlecht. Das muss man erstmal hinkriegen, den Boomer-Move schlechthin so richtig lustig zu gestalten. Trotzdem – als ob nun gerade die Achtziger solche Goldstücke produziert hätten.

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Zum Schluss dann wieder Corona – „runde Show“, wie Fil freudestrahlend bemerkt. Diesmal aber wirklich versöhnlich: „Ich will meine Freunde zurück“, sagt er. „Die mit den anderen Ansichten.“ So heißt auch der Song. Sein Argument ist bestechend einfach: „Freunde sind Freunde und Pandemie ist Pandemie. Aber Freunde braucht man immer, Pandemie braucht man fast nie.“

[Mehringhof Theater, von Donnerstag bis Samstag, 20 Uhr, bis 29. Januar]

Die Show ist also genau das, was gute Satire sein soll: rotzige Witze über die moralische Hochkultur, die sich aktuell zu neuen Extremen aufschwingt. Diese Extreme sind an Fil natürlich nicht vorbeigegangen. Messerscharf hat er sie diagnostiziert: So wird in seinem geliebten Biergarten jetzt Wasser nur noch in 0,2-Gläsern oder 0,7-Flaschen angeboten. Und seien wir ehrlich: „Wer ist so schwach… wer will so wenig vom Leben … Und wer ist so ein Ochse…?!“

Wenn es Shows wie seine nicht gäbe, hätte er wohl Recht, dann wäre an der Theke die Wahl wohl bald wirklich nur noch zwischen „Milch und Heroin“. Gott sei Dank haben wir noch das Kindl in der Mitte: Fil halt, süffig würzig und ein bisschen angepisst.

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