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Ein König. Voss als Lear, 2007 am Wiener Burgtheater.

© picture-alliance/ dpa

Prachtband für Gert Voss: Die Rollen seines Lebens

Er war ein Halbjahrhundertschauspieler. Im Juli ist Gert Voss mit erst 72 Jahren gestorben. Am Sonntag veranstaltet das Berliner Ensemble ihm zu Ehren eine Matinee, auf der auch ein ihm gewidmeter Prachtband vorgestellt wird - der ein Stück grandioser Theatergeschichte in Erinnerung ruft.

Er hat die Veröffentlichung nicht mehr erlebt, nur die Druckfahnen noch gesehen. „Gert Voss auf der Bühne“ sollte als Prachtband und Eigenpublikation der Berliner Akademie der Künste ein Geschenk sein für den Schauspieler Gert Voss, der demnächst 50 Jahre auf dem Theater gestanden hätte. Doch ist der Halbjahrhundertschauspieler, der vielgesichtigste seit Krauß, Kortner, Gründgens, Minetti, im Juli mit erst 72 Jahren in Wien überraschend gestorben – am Nachmittag vor dem WM-Finale, auf das er sich schon gefreut hatte.

Nun ist das ungewöhnlich schöne, großformatige Buch, herausgegeben von der Dramaturgin Ursula Voss, seiner Begleiterin im Leben und im Theater, zum Geschenk für die vielen Voss-Fans geworden. Auf 292 Seiten beschreibt und bebildert es ein Stück grandioser Theatergeschichte (im Handel 29,- Euro). Hunderte in exzellenter Qualität gedruckte Fotos zeigen Voss vom allerersten Auftritt an: 1966 als Marchbanks in George Bernard Shaws „Candida“ am Stadttheater Konstanz, wo er blassblond an den jungen Gründgens erinnert. Die fotografischen Erinnerungen reichen bis hin zur fast filmischen Bildstrecke der früheren Schaubühnen-Fotografin Ruth Walz, die Gert Voss in seiner letzten Theaterrolle 2013 als Orgon in Luc Bondys Wiener Inszenierung des „Tartuffe“ hautnah beobachtet hat.

Dazwischen freilich sind alle Höhepunkte der Voss-Karriere in Stuttgart, Bochum, Hamburg, Berlin, Wien und bei den Salzburger Festspielen dokumentiert. In zahlreichen Kritiken und meist neuen oder hier erstmals veröffentlichten Texten unter anderem von Luc Bondy, Hermann Beil, Klaus Völker, George Tabori, in einer Laudatio von August Everding, in persönlichen Widmungen etwa von André Heller, Harald Schmidt (einem der leidenschaftlichsten Voss-Verehrer) oder vom großen Kollegen Bruno Ganz, der sich 2001 vor Voss verbeugt, nachdem er ihn bei einem Gastspiel in Zürich als Titelheld in Peter Zadeks Marlowe-Inszenierung des „Juden von Malta“ gesehen hat. Ganz formuliert in seinem handschriftlichen, als Faksimile abgedruckten Brief das leichte Erschrecken vor einem so „vollendeten Schauspieler“ und schreibt: „Das Innen wird unmittelbare, große, lesbare Oberfläche, was auf eine Herrschaft über Raum und Zeit hinausläuft und weit über die Polemik Jude – Christen ... hinausging.“ Den einleitenden Essay über Gert Voss als „Astronaut auf Erden“ hat der Tagesspiegel-Autor Peter von Becker geschrieben, als Kritiker und Freund. Vorgestellt wird der Band am kommenden Sonntag um 11 Uhr in einer Matinee im Berliner Ensemble.

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