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Ojay Morgan alias Zebra Katz wuchs in Florida auf und wohnt in Schöneberg.

© Ian Wallman

Porträt des Rappers Zebra Katz: Meine Wut, euer Tanz

Der Rapper Zebra Katz kam von New York nach Berlin. Jetzt ist sein Debütalbum „Less is Moore“ erschienen. Ein Treffen in Schöneberg.

Eine aufgeplusterte pink-blau-mintfarbene Plüschjacke überdeckt den gesamten Bürostuhl. Das restliche WG-Zimmer in Schöneberg ist dezent eingerichtet. Wenige Möbel, hochwertige Lautsprecher, dunkle Farben. Zebra Katz hat seine Interviewpartner Anfang März zu sich nach Hause eingeladen.

Es gibt Trauben und Gebäck. Jeder Gegenstand liegt ordentlich an seinem Platz. Der Einrichtungsstil erinnert an das Wortspiel im Titel von Zebra Katz’ Debütalbum: „Less is Moore“ (Awal/ Kobalt).

Vielschichtige Rollen für People of Color

Und ja, erzählt Ojay Morgan, wie der Rapper mit bürgerlichem Namen heißt, es sei auch eine „Ode an den Minimalismus“. Aber viel mehr spielt der Titel auf seine frühere künstlerische Arbeit an. „Moore Contradiction“ heißt das Performance-Projekt, mit dem er seine Theaterausbildung am Eugene Lang College in New York abschloss.

Für die One-Man-Show entwickelte Morgan vielschichtige Rollen für People of Color. Rollen, die er in Theatertexten und auf Bühnen vermisste. Daraus entstand der Charakter Zebra Katz. Ein Meister im „readen“. Der Slang-Ausdruck „to read somebody“ aus der New Yorker LGBTQ-Szene bedeutet, jemanden für ein bestimmtes Verhalten, Worte oder Taten zurechtzuweisen.

Man dürfe nicht darauf warten, dass bessere Rollen für einen geschrieben werden, oder dass weiße Autoren die schwarze Erfahrung in ihrer ganzen Dimension verstehen, so Morgan. Der „monolithischen Abbildung der schwarzen Erfahrung“ wolle er etwas entgegensetzen. Sein Album „Less is Moore“ vervollständigt das künstlerische Anliegen, das mit „Moore Contradictions“ begann.

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Der Titel spielt auch darauf an, dass People of Color über geringe Ressourcen verfügen, aber von ihnen erwartet wird, daraus das meiste zu machen. Trotz der schlechteren Startposition immer besser zu sein als andere. Als „black other“, wie Morgan sich identifiziert, sei er immer daran erinnert worden, dass er doppelt so hart arbeiten musste wie seine Spielkameraden und dazu noch mit Diskriminierung konfrontiert war.

Musik war wichtig in seiner Familie

Aufgewachsen ist er in einer jamaikanisch-amerikanischen Familie in West Palm Beach, Florida. Einer sehr stolzen Gemeinschaft, wie er betont, die Musik viel Respekt entgegenbrachte. Früh habe er sich in Musiktheaterproduktionen wie „Wizard of Oz“ ausprobiert und Tanz trainiert.

Unterricht in einem Instrument hatte er aber nie. Nach seinem Collegeabschluss arbeitet Morgan als Manager eines Cateringunternehmens und probiert sich auf der kostenlosen Musiksoftware Garageband aus. Dabei entstand „Ima Read“. Der extrem reduzierte Song, den er 2012 zusammen mit der Rapperin Njena Reddd Foxxx aufnahm, katapultierte ihn ins Musikgeschäft.

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Fertig damit andere zurechtzuweisen ist Zebra Katz noch lange nicht: „I am still reading everybody“, sagt er und zitiert Nina Simone: Es ist die Pflicht eines Künstlers, die Zeit, in der wir leben, zu reflektieren. Genau das sei sein Anspruch.

So bringt er in seiner Musik seine Wut über die Gewalt an Schwarzen zum Ausdruck, besonders die Gewalt an schwarzen trans Frauen. Auf „Less is Moore“ geht es aber nicht immer so ernst, sondern auch mal spielerisch zu. Etwa auf dem Track „Zad Drumz“, in dem er darüber rappt, wie er sich selbst aus dem Berghain wirft. In Wahrheit sei das nicht passiert, schmunzelt Morgan: „It’s just my play on club culture.“ Er wollte der Club-Hierarchie ein wenig „Humor injizieren“. Ein Raum, der sich ein bisschen zu ernst nehme.

Tanzbarkeit ist ihm wichtig

Für das Album hat Zebra Katz, der schon mit den Gorillaz auf Tour war, mit einigen Produzenten wie Sega Bodega und Tony Quattro zusammengearbeitet. Beim Schreiben seiner Texte denkt er seine Bühnenperformance mit und legt großen Wert darauf, dass seine Lieder tanzbar sind.

Auf „Ish“, gibt er im Stil seiner früheren Helden, wie Busta Rhymes oder Missy Elliott Tanzanleitungen: „All I wanna do is keep the dance floor jumping/ And that ass bump bumping, hands clapping, feet stomping“. Für manche seien seine düsteren Klangwelten vielleicht zu aggressiv, für ihn und die, die seine Erfahrungen teilen, wirken sie dagegen therapeutisch und befreiend.

Ein Großteil der Menschen sei nicht wütend genug, sondern zu selbstgefällig, findet Morgan. „Ich tanze mit diesem Ärger, mit dieser Wut“, sagt Morgan.

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Der Song „Neckless“ fällt aus dem beatlastigen Album heraus. Dabei wird Zebra Katz’ Stimme nur von Gitarrenakkorden begleitet. „I keep on wishing I was next, suffer through all of your sweet neglect.“ rappt Zebra Katz sachte und zeigt damit eine neue, verletzliche Seite seiner „Zebra Zone“.

Im Gespräch steht Morgans selbstbewusste Art der kompromisslosen Attitüde der Kunstfigur Zebra Katz in nichts nach. Alle Fragen beantwortet er reflektiert und geradeheraus.

Präzises Gefühl für Sprechrhythmus

Die Entscheidung 2018 nach Berlin zu ziehen war eine pragmatische. Er arbeitete die meiste Zeit in Europa, das ständige Pendeln und die Mietkosten in New York haben ihn zum Umzug bewogen. Zudem wollte er sich von seiner gewohnten Umgebung lösen, um mit mehr Ruhe und Raum an seinem Album arbeiten zu können. Auf „Less Is Moore“ verschränkt er nun seine markante, tiefe Stimme mit unterschiedlichen Beatmustern, wechselnden Geschwindigkeiten und treibenden Synthiesounds. Sein präzises Gefühl für Sprechrhythmus gibt den Stücken ihre energiegeladene Dramaturgie.

Obwohl Zebra Katz, Slangausdrücke aus der queeren New Yorker Szene verwendet, frustriert es ihn , in eine Schublade mit anderen queeren Rappern gesteckt zu werden. „Sexualität ist kein Musikgenre“, kritisiert er. Hip-Hop sei das einzige Genre, in dem die sexuelle Präferenz eine so große Rolle spiele. Morgan spricht sich dagegen aus: „Es reduziert und unterminiert unsere musikalische Arbeit.“

Ein verzerrtes Synthesizerrauschen zieht sich durch das Outro „Exit 2 Void“. Das Frequenzgewitter endet mit dem Piepen eines Aufzugs, der das gewünschte Stockwerk erreicht. Fortsetzung folgt: Zebra Katz will noch höher hinaus.

Alexandra Ketterer

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