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The Cure

© dpa

Neues Album: The Cure: Hungriger Geist

The Cure veröffentlichen ihr 13. Album "4:13 Dream". Die 13 sollte Dreh und Angelpunkt der künstlerischen Ideen als auch der Vermarktungsstrategie werden. Doch die Plattenfirma machte Robert Smith einen Strich durch die Rechnung.

Mit der 13 ist nicht zu spaßen. Die westliche Welt verbindet nicht umsonst Tod und Teufel mit dieser Ziffer. Sie zur Glückszahl umzudeuten, ist nicht so einfach. Diese Erfahrung hat nun auch Cure-Frontmann Robert Smith gemacht.

Sein Plan war, zur Feier des 13. Cure- Albums über ein halbes Jahr lang an jedem 13. eines Monats eine Single oder EP der Band herauszubringen und am 13. Oktober „4:13 Dream“ (mit 13 Songs). Doch die Plattenfirma verschob den Album-Release auf Ende Oktober. Smith war sauer, trug es aber mit der ihm eigenen Grandezza einer leicht ramponierten Trashfilm-Diva.

Aus der Fassung geriet der Godfather of Goth erst, als er erfuhr, dass die Vorab-EP bei iTunes UK für exorbitante 7,99 Pfund angeboten wurde. Er machte seine Wut öffentlich: „Bitte kauft die ,Hypnagogic States‘-EP nicht für 7,99 Pfund bei iTunes. Es ist absurd!“, schrieb der 49-Jährige auf der Band-Website. Es folgt ein mit vielen „fucks“ garnierter Protestbrief an „TMU“ (the man upstairs).

Man kann nur hoffen, dass dieser Aufruf Erfolg hatte, denn die Single-Remixe von 30 Seconds to Mars, Fall Out Boy und anderen Emo-Kapellen sind grauenvoll uninspiriert. Ein glatter Fehlstart für „4:13 Dream“ also. Das unfassbar hässliche Siebdruck-Klecks-Cover kann ebenfalls keine Vorfreude entfachen.

Doch kaum erklingen die ersten Takte vom Opener „Underneath the Stars“, ist das alles vergessen. The Cure zerren die Hörer mit wenigen Handgriffen in ein hypnotisches Sounduniversum. Wenn Robert Smith nach über zwei Minuten zum ersten Mal seine Stimme erhebt, ist der Raum bereits von einem geheimnisvollen orange-violetten Glitzer erfüllt – ein majestätisches Entree!

Wiedererkennungseffekte gibt es haufenweise. So erinnert „The Only One“ stark an Cures Hit „High“ vom 1992er-Album „Wish“. Das Bassmotiv im Intro von „Reasons Why“ ist beste New-Order-Schule – typisch für Simon Gallup. Und die Single „Sleep When I’m Dead“ klingt wie direkt von einer Cure-Platte aus den Achtzigern, als die Band mit „Head on the Door“ und „Kiss me, kiss me, kiss me“ zur popinfizierten Dark-Wave-Institution wurde.

Eine reine Retroveranstaltung ist das von Robert Smith und Keith Uddin produzierte Album aber nicht. Denn die Band knüpft auch deutlich an ihre viel gelobte letzte Platte „The Cure“ (2004) an, die auf einen rockigen, reifen Klang setzte. Keyboards spielen hier wie dort fast keine Rolle, dafür werden die Gitarrenverzerrer schon mal voll aufgerissen. Souverän im Zentrum steht Robert Smiths unverkennbarer Quengel-Tenor, der durch Overdubs besondere Präsenz entwickelt. Seine Texte kreisen nach wie vor um die Themen Liebe, Entfremdung und Verzweiflung. Nur in „Hungry Ghost“ macht er eine Ausnahme. Das Stück handelt vom niemals zu befriedigenden Konsumhunger, der uns im Namen einer vagen Glücksversprechung einen Berg von Dingen anhäufen lässt: All the things we never know we need/It’s like we get them in the end/Measure time in leisure time and greed/And by the time we get to spend/A floating bed/A head of stone/A home plugged into every phone. Smith singt das nicht als Anklage, sondern wie ein Gesellschaftsporträt, das ihn selber einschließt. Der hungrige Geist sitzt auch auf seiner Schulter und flüstert in sein Ohr.

The Cure, die in letzter Zeit viele jüngere Bands wie Bloc Party, The Rapture oder Interpol beeinflusst haben, klingen auf „4:13 Dream“ konzentriert und motiviert. Ihnen sind einige richtig gute Stücke gelungen, die sofort ins Ohr gehen und zu Dauerbrennern auf der Setlist der Band werden könnten. Dass sich die Band 32 Jahre nach ihrer Gründung derart kraftvoll präsentiert, hat sicher auch mit ihrer gefühlten 50. Umbesetzung zu tun: Perry Bamonte (Gitarre) und Roger O’Donnell (Keyboard) sind ausgestiegen, was zur dritten Rückkehr von Gitarrist Porl Thompson führte. Sein ideenreiches Spiel ist ein echter Gewinn für „4:13 Dream“. Die einzige personelle Konstante von The Cure war seit jeher Robert Smith, der das Ende der Band schon so oft angekündigt hat, dass es inzwischen niemand mehr glaubt. Deshalb sollte man auch das letzte Lied des neuen Albums nicht zu wörtlich nehmen. Es trägt den Titel „It’s Over“, und die letzte Zeile heißt: „No, I can’t do this anymore“.

The Cure: „4:13 Dream“ ist bei Universal erschienen.

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