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Tricky

© Roland Owsnitzki

Konzertkritik: Tricky in der Maria: Trip Rock, ex und hopp

Tricky, die Junior Boys und Tim Exile spielten bei der Intro-Intim-Party am Mittwochabend in der Maria am Ufer.

Von Markus Hesselmann

Es geht los mit Phil Collins. In The Air Tonight. Vom Band natürlich, während die Musiker auf die Bühne kommen. Very funny. Trashige Ironiestimmung macht sich im Publikum breit. Mensch Phil. Höhöhö. Na dann muss das, was da jetzt kommt, als Kontrast zum Phil-Collins-Genudel ja sehr sophisticated sein. Tricky betritt die Bühne – erscheint aber nicht wirklich. Die meiste Zeit steht er beim Auftritt in der Maria am Ufer mit dem Gesicht zum Schlagzeug und zeigt dem Publikum seine definierte Rückenmuskulatur.

Dabei quarzt er Rauchwölkchen in den Bühnenhimmel. Gottchen ein Joint, wie aufregend. Oder doch nur ein Zigarettchen? Und noch eins und noch eins. Das Publikum tut es ihm gleich und qualmt den Laden bis oben hin voll. Wer eine Zeit weg war von Berlin, im Ausland, der reibt sich die roten Augen vor so viel anachronistischem Trotz. Wahrscheinlich werden hier bald auch wieder Trenchcoats und Hüte eingeführt. Und dann Schnauzbärte. Und dann Monokel.

Tricky lässt singen und musizieren. Der  frühere Held des Trip Hop tritt spärlich ans Mikrofon. Seine Bühnenshow pendelt zwischen Passivität und Affektiertheit. Das neue Album „Knowle West Boy“ bestimmt den Gig. Was im CD- oder MP3-Player noch inspiriert und energiegeladen wirkt, verkommt live leider zu konventionellem Rock: eine dröhnige E-Gitarre, klebrige Keyboards, ein hämmerndes Schlagzeug,  eine Frauenstimme, gut geschult, aber unaufregend. Und eine Bassgitarre war da wohl auch irgendwo. Das alles ist von Phil Collins tatsächlich gar nicht so weit entfernt und fast stadiontauglich.  Von der experimentellen Schärfe früherer Jahre keine Spur mehr. Mensch Tricky.

Im Geiste Giorgio Moroders

Der Abend, veranstaltet zur Popkomm vom Musikmagazin „Intro“, hat sich eher wegen der Support Acts gelohnt. Vor Tricky traten die Junior Boys auf. Sie boten einen souveränen Electroclash-Gig mit einer wohltemperierten Mischung aus Giorgio-Moroder-Sequenzern und  Talking- Heads-Gitarren sowie mittendrin einem  funkig menschlichen Schlagzeug.

Ganz am Anfang aber, als die Halle noch nicht voll war, da stand Tim Exile auf der Bühne. Der  Sänger und Reglerakrobat hat gerade beim großartigen britischen Label Warp unterschrieben, unter anderem Heimat so unterschiedlicher Künstler wie Aphex Twin, Jamie Lidell oder Maximo Park. Tim Exiles Stimme erinnert ein bisschen an Glenn Gregory von Heaven 17. Seinen digitalen Apparaturen entlockt Tim Exile dazu Rhythmen voll kreativer Breaks und wunderbar scheppernde Sounds. Von allen Beteiligten dieses Abends ist von dem Mann künftig mit Abstand am meisten zu erwarten.

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