zum Hauptinhalt

Konzertkritik: Bernd Begemann & Die Befreiung im Lido

Bernd Begemann ein strahlender Sound zwischen hartem Beat und gefälligem Pop.

Lila Licht im Lido. Die große glitzernde Spiegelkugel lässt silberne Sterne durch den Saal funkeln, wie in einem alten Tanzschuppen, und von der Bühne schubiduhen Bernd Begemann & Die Befreiung entsprechende Jukebox-Harmonien zu einem strahlenden Sound zwischen hartem Beat und gefälligem Pop, zwischen Erinnerungen an die 60er-Jahre und Leben in der harschen Gegenwart.

Begemann, im Gebrauchtwagenverkäuferanzug mit rosa Hemd und rosa Krawatte, springt ans Mikrofon und kreischt ironisch hysterisch aufgedreht: "Hier meine Frage an euch: Bist du dabei?" Natürlich sind alle sofort dabei, die alten Fans, vom ersten Ton des gleichnamigen Songs. Begemann fetzt kräftigen Rhythmus in seine rote Trini-Lopez-Halbresonanzgitarre, flitzt wie angestochen über die Bühne, und gibt abwechselnd den wilden Shouter und weichen Crooner, während seine brillant eingespielte Band mit Orgel/Piano, Schlagzeug und Höfner-Beatles-Bass dem kompakten Sound ein solides Rückgrat verleiht. Es klingt nach Motown und Northern Soul aus Norddeutschland. Und sofort ist klar, warum Begemann nicht mit der sogenannten "Hamburger Schule" in eine Topf geworfen werden will. Die öden humorlosen Diskurs-Popler fegt Begemann mit seinen gewieften Melodien und raffinierten Akkordwechseln jederzeit elegant und locker von der Tanzfläche. Mit seinen wortwitzigen Texten zwischen einfacher Poesie und pfiffigen Sozialkommentaren, mit Liedern über die Liebe und das Leben steht er amerikanischen und englischen Songwritern allemal näher als der Verquastheit blasser Hamburger Schüler.

Hymnisch und zu Volldampf-Beat singt er seine Ode an den Hamburger Kiez: "Oh Sankt Pauli". Oder die rührende Ballade über eine hoffnungslose Liebe: "Ich kann dich nicht kriegen, Katrin". Überhaupt zählt es zu den Stärken Begemanns, scheinbar mühelos zwischen elektrisierendem Rock 'n' Roll und zurückhaltenden Balladen hin- und herzuwechseln. Lautstärke und sprühende Energie. Stille und Melancholie. Humor und Poesie. Begemann mischt Songs vom neuen Album "Ich erkläre diese Krise für beendet" unter die unzähligen Gassenhauer der letzten Jahre. Und nach etwa drei Stunden und 30 Songs erklärt er auch diesen tollen Abend für beendet.

H.P. Daniels

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false