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Starker Auftritt von John Coltrane

© Jazzline

John Coltrane, Bud Powell, Dave Brubeck: Jazz-Perlen aus der Radio-Schatzkammer

In den Archiven des WDR lagerten über ein halbes Jahrhundert Live-Aufnahmen von Jazz-Legenden wie John Coltrane, Bud Powell, Dave Brubeck und dem Modern Jazz Quartet. Nun wurden sie ausgegraben.

Wenn man ehrlich ist, hatten die meisten Musiker um 1960 schon bessere Tage gesehen. Der zeitweise Umzug nach oder ausgedehnte Tourneen durch Europa boten vielen Musikern der Bebop Generation lukrative Fluchtmöglichkeiten vor dem Bedeutungsverlust, der ihnen durch die Entwicklung von Cool- und Freejazz in den USA drohte. Paris, Köln, Kopenhagen wurden so zu Anlaufpunkten auf einem Kontinent, dessen musikalisches Verständnis zu dieser Zeit dem amerikanischen einige Jahre hinterher war. Namhaft besetzte Jazzfestivals schossen vielerorts aus dem Boden. In Deutschland etablierten sich schnell Berlin und das Rhein-Ruhr-Gebiet als wahre Jazzhochburgen. Alle vier vom WDR gemeinsam mit dem Jazzline-Label veröffentlichten Mitschnitte machen diese Zeit des Übergangs nachhörbar. Sie dokumentieren gleichzeitig Geschichten, die sich um die jeweiligen Auftritte rankten und diese zu einzigartigen Momentaufnahmen machen.

Da ist zum Beispiel das Aufeinandertreffen von John Coltrane mit Stan Getz und Oscar Peterson 1960 in Düsseldorf. Dieses einmalig Zusammenspiel wurde erst durch die Unlust Miles Davis ermöglicht, weiter mit seinem Kollegen vom Miles Davis Quintett aufzutreten. Davis überließ Coltrane den Vortritt und für diesen Abend seine Mitmusiker. Aus dem Quintett war über Nacht das John Coltrane Quartett geworden. Gegen Ende des Konzerts kamen Getz und Peterson, die bei der selben Veranstaltung mit eigenen Formationen auftraten, auf die Bühne. Das Ergebnis war ein mitreißender Jam zum Coleman Hawkins Klassiker Rifftide.
Auch die weiteren drei Veröffentlichungen bieten ähnlich interessante Jazz-Anekdoten und Histörchen, die auf höchst unterhaltsame Weise in den Covertexten von Karsten Mützelfeldt festgehalten wurden. Vor allem aber bieten diese Platten allesamt Aufnahmen erster Güte, die das Herz jedes Jazz-Freundes höher schlagen lassen dürfte.
Auch andere europäische Radiostationen könnten sich jetzt veranlasst sehen, in ihren Archiven nach ähnlichen Schätzen zu graben. Dem interessierten Hörer steht wohl eine Flut von Alben ins Haus, die mit namhaften Künstlern für sich werben. Eines ist jedoch klar, die Latte für kommende Alben wurde, durch die nun vorliegenden Aufnahmen hoch gelegt.

John Coltrane: "1960 Düsseldorf";
Dave Brubeck Quartet: "1960 Essen, Grugahalle";
The Modern Jazz Quartet: "1959 Bonn, Beethovenhalle";
Bud Powell: "1960 Essen. Grugahalle"

Martin Väterlein

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