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Ich bin wie ein kleiner Vogel, der in einen Käfig gesperrt ist: Ich sehne mich danach, in den weiten Himmel zu fliegen.

© Abbildung: Jimmy Liao

Poetisches Bilderbuch: Träume soll man teilen

Mit Liebe und Akribie hat Jimmy Liao die Bilder zu diesem poetischen Kunstwerk komponiert.

Zum Dahinschmelzen schön und berührend ist diese „Sternennacht“. Hinter dem poetischen Titel steckt die Geschichte um ein trauriges Mädchen und einen einsamen Jungen. Ausgedacht hat sie sich der chinesische Künstler Jimmy Liao. Jedes Bild drückt eine andere Stimmung aus – immer punktgenau getroffen. Auf einem Bild geht der Junge eine Treppe hinunter, mit einer Mappe unterm Arm. Der Rücken ist ein klein wenig gebeugt, so als läge eine Last darauf. Wo mag dieser Junge hingehen? Wer erwartet ihn? Unter jedem Bild steht ein knapper Kommentar aus der Sicht des Mädchens. In diesem Fall ist zu lesen: „Er nimmt nie fremde Hilfe an. Es scheint, als ob er sich nur abseits der anderen wohlfühlt.“

Ein Mann steht am Fenster, das Handy am Ohr. Blicklos schaut er hinaus. Das Mädchen ist ihm nah, dreht dem Mann aber den Rücken zu. Der grüne Vogel im Käfig, im Vordergrund gemalt, wirkt ratlos. Unter der Szenerie steht: „Mein Papa telefoniert ständig, und jedes Gespräch klingt sehr wichtig. Aber ich weiß sowieso nicht, was ich mit ihm reden soll, und ihm geht es genauso.“ Die beiden Kinder kommen sich allmählich näher, achtsam gehen sie miteinander um. „Es ist schön, jemanden an seiner Seite zu haben“ sagt das Mädchen. Auf dem Bild sieht man die beiden über eine Wiese traben, viel Platz zwischen sich. Und doch ist es, als seien sie mit einer unsichtbaren Schnur verbunden. Die Kinder werden nicht zusammenbleiben, es gibt kein Happy End. Der Schatz ihrer gemeinsamen Erlebnisse aber wird ihnen bleiben.

Jimmy Liao: Die Sternennacht, aus dem Chinesischen von Marc Hermann, Chinabooks, 2017, 130 Seiten, 29,99 €

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