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Einer der Großen. Placido Domingo.

© Quique Garcia/dpa

Placido Domingo wird 80: Der Grenzgänger

Sein Stilgespür ist untrüglich, seine Stimme betört Opernfans weltweit: Placido Domingo ist ein Ausnahmekünstler. Eine Gratulation zum 80. Geburtstag.

Folgt man der offiziellen Geschichtsschreibung, hat er sein professionelles Debüt im zarten Alter von 16 Jahren gegeben. Was denkbar ist, weil sein Vater Theaterimpresario einer Zarzuela-Truppe war und es in der spanischen Version der heiteren Spieloper durchaus Rollen für junge Stimmen gibt.

Die männliche Hauptrolle in Verdis „La Traviata“, die Placido Domingo 1961 in Mexiko-Stadt gesungen hat, bringt manche Biografen da schon eher ins Grübeln – und den Stimmexperten Rodolfo Celletti zu der Überzeugung, dass nicht 1941, sondern 1934 Domingos Geburtsjahr sein müsste.

Andererseits ist seine Karriere in jeder Hinsicht außergewöhnlich: Er hat nicht nur früher als die meisten seiner Kollegen angefangen, sondern ist auch rekordverdächtig häufig aufgetreten und hat unzählige Alben veröffentlicht, gebietet über das denkbar größte Rollenrepertoire und vermag immer noch mit seiner unverwechselbaren Stimme die Opernfans weltweit zu betören.

Zudem betätigt er sich als Dirigent, hat als Manager Bühnen in den USA geleitet, einen Nachwuchswettbewerb ins Leben gerufen und, im Terzett mit Luciano Pavarotti und José Carreras, auch noch die Stadion-Klassik erfunden.

Als die Stimmbänder nicht mehr straff genug waren für die ganz hohen Töne, sattelte er einfach von den Liebhaber- zu den Vaterrollen um und begann 2009, sich nach den Tenor- nun bedeutende Bariton-Partien zu erobern, gerne bei seinem Freund Daniel Barenboim an der Berliner Staatsoper.

2019 kam der Schock

Puristen mögen sich daran stören, dass Domingo sämtliche Charaktere stets unter emotionale Dauerspannung setzt und im Übrigen auf seine Bühnen-Aura vertraut. Doch Domingo ist nun einmal ein Sänger für all jene, die bei der Kombination der Worte „Oper“ und „kulinarisch“ nicht zusammenzucken.

Sein Stilgespür ist untrüglich – anders als bei vielen Klassikstars wirken seine Ausflüge ins Populäre nie peinlich. Gerade in diesen trüben Tagen können zwei seiner Alben aus jüngerer Zeit Trost spenden: „Mediterraneo“, mit Liedern aus dem Mittelmeerraum, und „Volver“, aufgenommen mit dem Gitarrenvirtuosen Pablo Sainz-Villegas. Von ewiger Sonne durchwärmt erscheint diese Musik aus südlichen Gefilden, wenn Domingo bei minimalem vokalem Einsatz maximalen Charme versprüht.

2019 dann der Schock: Im Rahmen der #metoo-Debatte erheben 27 Frauen Vorwürfe gegen den Sänger. Erst weist er jede Schuld von sich, nachdem aber eine von der Oper Los Angeles beauftragte Untersuchung ergibt, dass bestimmte Vorwürfe des „unangemessenen Verhaltens“ glaubwürdig seien und eine Untersuchung des US-Verbands der Musikkünstler zu demselben Ergebnis kommt, veröffentlicht Domingo eine Stellungnahme, in der er sich entschuldigt und „die volle Verantwortung“ für sein Handeln übernimmt.

Die Deutsche Oper Berlin sieht das als Schuldeingeständnis und löst einen Vertrag über drei „Don Carlo“-Aufführungen. Andere Veranstalter halten weiter zu Domingo: Auf seiner Website werden Auftritte in Wien, Baden-Baden, Paris, Luzern und Moskau angekündigt sowie im Sommer in Verona und Minsk.

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