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Pflanzenfantasie. Paul Klees „Himmelsblüten über dem gelben Haus (das auserwählte Haus)“ aus dem Jahr 1917.

© Staatliche Museen/Nationalgalerie/Jens Ziehe

Paul Klee im Museum Berggruen: Anschauung und Abstraktion

Neue Nationalgalerie zu Gast in Charlottenburg: Das Museum Berggruen zeigt Paul Klee und Gefährten wie Hannah Höch, Oskar Schlemmer und Lyonel Feininger.

Moderne Klassiker auf Wanderschaft: Solange der Mies-van-der-Rohe-Bau saniert wird, braucht die Nationalgalerie Ausweichquartiere. Derzeit gastiert eine kleine Spitzendelegation im Museum Berggruen. Die auf zweieinhalb Räume konzentrierte Ausstellung will „Klee und die Abstraktion“ beleuchten (Museum Berggruen, Schloßstr. 1, bis 1. 9.; Di bis Fr 10-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr). Dazu mischen sich unter hauseigene Klee-Preziosen in jedem der Räume gezielt ausgesuchte Gastspieler. Sie auch ohne Blick auf die Schildchen zu erkennen, lässt sich als heiteres Ratespiel betreiben. Welches Werk gehört nicht dazu? Meist fallen die Gäste schon allein durch ihr großzügiges Format zwischen den zierlichen Papierarbeiten Klees auf. Und der unmittelbare Vergleich schärft den Blick für Klees spezielle Qualitäten beim Ausloten abstrakter Gestaltungsoptionen.

Ein breiter Pfeil stößt nach unten, trifft auf einen schwarzen Kreis. Und schon setzt sich die Bildmechanik rollend und schwebend in Gang. Hannah Höch hat mit großzügigen Schnitten ihr farbiges Formenrepertoire für diese Collage von 1919 zurechtgeschnitten. Man meint ihre Vertrautheit mit Schnittmusterbögen zu spüren, die sie für den Ullstein Verlag zum Broterwerb zeichnete. Aber die abstrakte Rigorosität ist man von der Meistermonteurin des Berliner Club Dada sonst nicht gewohnt. Erstaunlich nah scheinen sich Höch und Paul Klee für einen Moment. Auch er baute gern Pfeile als Bewegungserreger ein.

Oskar Schlemmer, der kühle Geometriker der menschlichen Figur, gerät mit seinem kleinen Holzrelief „JG 1“ allein schon durch die gedämpfte Brauntonlage in Dialog zu Klees daneben gehängten Werken. Aber anders als Schlemmer ließ Klee das Lineal meist lieber in der Schublade und vertraute dem freihändigen Wachsen der Formen. Das zeigt sich auch in der Begegnung mit dem Gestalterduo Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp. Sie bringen reinste Geometrie in einer Graustufen-Collage zum Klingen. Auch Klee nutzt in „Abstracte Farbharmonie“ Rechteckstrukturen, aber sie lehnen sich schmiegsam aneinander, werden weich wie Wachs und samtig im Ton.

Feine Korrespondenzen zu Lyonel Feininger

Auch zu Lyonel Feininger zeigen sich feine Korrespondenzen, etwa im Austarieren farblicher Transparenzen. Wo Feininger einen Kirchturm als bläuliche Lichtarchitektur himmelwärts ragen lässt, sprießen bei Klee tiefblaue „Himmelsblüten“ als pflanzenhafte Bildarchitektur. Beide lehrten zusammen am Bauhaus.

Klee erarbeitete sich dort als Professor für Formtheorie das Grundgerüst seines Gestaltens: ein Systematiker ohne System. Mit Piet Mondrians und Erich Buchholz’ strengen Geometrien verbindet ihn wenig, bis auf einen untrüglichen Sinn für Rhythmik. Selbst wenn Klee sich in seiner Bauhaus-Phase zu gänzlich abstrakten Erkundungen hinreißen ließ, band er das Gestaltete meist durch den Titel wieder ans Gegenständliche. Von Burg, Haus und Moschee ist die Rede, von Pflanzen und Gärten. Paul Klees Denken ist immer zugleich anschaulich. In den Etagen der Ständigen Sammlung lässt sich sein Schwanken zwischen Abstraktion und Figürlichkeit in gut gekühlten Räumen weiterverfolgen.

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