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Objekte im Grünen. Die Installation „Oil interventions“ von Ana Alenso, bestehend aus Schläuchen und Zapfpistole.

© Joe Clark

Outdoor-Ausstellung in Dahlem: Hinter den Dornen ein Weg

Tanzende Schläuche, Bilder im Busch: Das Dahlemer Brücke-Museum geht mit der Ausstellung „The Garden Bridge“ nach draußen.

Bei den Brombeeren kehren die ersten Besucher um. Zwar locken die Früchte in prächtigem Dunkelviolett, aber die dornigen Ranken verhaken sich schmerzhaft in der Haut. Für den „Stoneroses“ betitelten Waldspaziergang des Künstlerduos Mirak Jamal und Santiago Taccetti empfehlen sich stabiles Schuhwerk und buschfeste Kleidung.

Mit der Outdoor-Ausstellung „The Garden Bridge“ dehnt Direktorin Lisa Marei Schmidt das Brücke-Museum während der Umbauphase in den Außenraum aus. Die luftige Schau überträgt unangestrengt die Leidenschaft der Brücke- Künstler für die Freiluftarbeit in die Gegenwart. Das Konzept entwickelte der Berliner Projektraum Kinderhook & Caracas. Dahinter stehen die Künstlerin Sol Calero aus Caracas, die 2017 für den Preis der Nationalgalerie nominiert war, sowie ihr amerikanischer Kollege Christopher Kline aus Kinderhook.

Für „The Garden Bridge“ haben die beiden andere Künstler eingeladen, sich mit dem Garten auseinanderzusetzen, mit dem lichten, hellen Waldabschnitt und dem dunklen Unterholz, das bis auf das Grundstück reicht. Weil Mirak Jamal und Santiago Taccetti für die achte Ausgabe ihre „Stoneroses“-Zeichnungen zeigen wollten, sind die wetterempfindlichen Blätter nun in durchsichtige Folie gehüllt und an Drähten zwischen Bäume und Büsche gespannt. Der Rundgang durch die Wildnis mutet archaisch an. Wie Totems einer animistischen Gemeinschaft tauchen die Zeichnungen zwischen dem Blattwerk auf, gesprenkelt von Sonnen- und Schattenflecken.

Aus den Vogelhäuschen kommt ein Schnarchen

Den Übergang zwischen Dunkelholz und Lichtung markiert eine gut getarnte Installation von Ana Alenso. Zwischen den Zweigen windet sich ein Benzinschlauch mit Tankrüssel in Spiralen, bäumt sich vor einem Spiegel auf und bleibt in der Luft hängen. Natur und Technik gehen ineinander über, bereichern sich, statt sich zu berauben.

Der zentrale Gartenpavillon von Sol Calero atmet die gleiche Durchlässigkeit zwischen außen und innen, Grün und Kunst. Sein Dach ähnelt dem des Museumsbaus, aber die Mauern fehlen entweder ganz oder sind durch Sprossen ersetzt. Bunte Hocker auf Kufen laden zum Schaukeln ein. Der Pavillon ist Spielplatz, Bühne, Ruheort. Perfekt für eine Siesta.

Ein Mosaik von Stephen Kent.
Ein Mosaik von Stephen Kent.

© Joe Clark

Wenn da nicht das selbstvergessene Schnarchen stören würde. Selig schallt es aus zwei Vogelhäuschen zwischen den Bäumen. Man stellt sich einen dicken Kuckuck und eine bräsige Krähe vor. Tatsächlich aber haben die beiden Künstler Petrit Hilalaj und Alvaro Urbano sich selbst im Schlaf belauscht.

[Garten des Brücke-Museums, Bussardsteig 9. Das Haus bleibt bis 15. 11. geschlossen. Der Garten ist mittwochs bis montags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.]

Spielerisch Grenzen auflösen

Mit traumwandlerischer Leichtigkeit setzt „The Garden Bridge“ zarte Akzente in die Natur und verändert die Perspektive. Besucher lümmeln in Krokodil- oder Delphinsesseln von Nuri Koerfer und werden eins mit den Tieren. Oder sie machen Selfies von der exotischen Blumenpracht in dem Mosaik von Stephen Kent und werden eins mit dem Dschungel. Ein Trugbild, denn der Künstler hatte die üppigen Blüten im Dong Xuan Center in Lichtenberg gesehen. Den riesigen Asiamarkt, auf dem Anfang Juli ein Großfeuer ausbrach, empfinden selbst vietnamesische Berlin-Touristen als exotisch.

Natur, Kultur, Fremde, Wildnis – die Ausstellung löst spielerisch Grenzen auf und entwickelt ein körperlich spürbares Vergnügen an Offenheit. Vorausgesetzt, man lässt sich von Dornenranken nicht einschüchtern.

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