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Sally Hawkins (li.) mit Octavia Spencer in „Shape of Water“.

© 20th Century Fox

Oscar-Nominierungen 2018: In den Fängen des Lagunenmonsters

Fatih Akin geht nicht ins Oscar-Rennen – und „Shape of Water“ erhält 13 Nominierungen.

Von Andreas Busche

Die deutschen Hoffnungen auf den vierten Oscar für den besten fremdsprachigen Film nach Volker Schlöndorff, Caroline Link und Florian Henckel von Donnersmarck haben sich zerschlagen. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences überging bei ihren Nominierungen Fatih Akins „Aus dem Nichts“, obwohl das NSU-Drama zwei Wochen nach dem Gewinn des Golden Globes auch als Favorit in die letzte Runde vor der Verleihung am 4. März in Los Angeles gegangen war. Eine durchaus realistische Einschätzung: Mit Diane Kruger, die vergangenes Jahr in Cannes ausgezeichnet wurde, hatte Akin einen Hollywoodstar für die Hauptrolle gewinnen können, zudem hatte das deutsche Kino bereits in der Vergangenheit international mit zeitgeschichtlichen Geschichten punkten können.

Vielleicht hat Akin aber auch die politische Brisanz seiner Rachegeschichte etwas zu sehr unterspielt. Genrefilme haben es in der Konkurrenz um den Fremdsprachen-Oscar meist schwer. Nach Akins Ausscheiden gelten der Cannes-Gewinner „The Square“ von Ruben Östlund und „Körper und Seele“ von Ildikó Enyedi, in Berlin mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet, als Oscar-Favoriten.

Vor allem letztere Nominierung ist erfreulich, zeigt sie doch angesichts der laufenden Debatte um die zukünftige Ausrichtung der Berlinale, dass es dem Festival immer wieder gelingt, vermeintlichen Außenseiterfilmen eine Öffentlichkeit zu verschaffen. Das unerwartete Comeback von Ildikó Enyedi ist nicht zuletzt ein Verdienst der Berlinale. (Gleiches gilt für den chilenischen Regisseur Sebastián Lelio, der mit "Eine fantastische Frau", eine Ko-Produktion der Berliner Komplizen Film, ebenfalls nominiert ist) Auch so kann man sich gegenüber Cannes und Venedig ein kuratorisches Profil verschaffen.

2018 ist keine Diversity-Debatte zu erwarten

Im „englischsprachigen“ Wettbewerb sind die Regeln ein wenig anders, hier geht mit Guillermo del Toros retroverliebtem Lagunenmonster-Märchen „Shape of Water“ ein Genrefilm als Favorit ins Oscar-Rennen. Mit insgesamt 13 Nominierungen – unter anderem als bester Film, für die beste Regie, die beste Hauptdarstellerin (Sally Hawkins) und das beste Original-Drehbuch – führt er das Feld an, vor dem Kriegsdrama „Dunkirk“ von Christopher Nolan (8 Nominierungen), Frances McDormands furchtloser One-Woman-Show „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ (7 Nominierungen) und dem Churchill-Biopic „Die dunkelste Stunde“ (6 Nominierungen).

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Die Zwischenbilanz fällt erfreulich aus, die diesjährige Mischung ist ausgewogen, und mit „Shape of Water“ und „Three Billboards“, flankiert von Greta Gerwigs Regiedebüt „Lady Bird“ und Steven Spielbergs Journalistenthriller „Die Verlegerin“ mit Meryl Streep, stehen Filme mit überragenden und komplexen Frauenfiguren im Mittelpunkt der Verleihung. In der Kategorie „Beste Regie“ befinden sich unter anderem Gerwig und „Get Out“-Regisseur Jordan Peele unter den Nominierten, so dass der Academy in diesem Jahr wenigstens eine erneute Diversity-Debatte erspart bleiben dürfte.

Selbstkritik zum Jubiläum

Das gilt übrigens auch für die befürchtete James-Franco-Debatte, gegen den nach seinem Golden-Globe-Gewinn mit „The Disaster Artist“ vor zwei Wochen erneut Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs erhoben wurden, und der sich seitdem wachsender Kritik ausgesetzt sieht. Franco wurde bei den Oscar-Nominierungen nicht berücksichtigt. Aber auch ohne Franco, der bei den Globes noch mit einem „Time’s Up“-Sticker über den roten Teppich lief, werden die „MeToo“- und „Time’s Up“-Debatten die Verleihung überschatten. (Fun Fact: Als Nebendarsteller wurde Christopher Plummer nominiert, der in „Alles Geld der Welt“ kurzfristig den geschassten Kevin Spacey ersetzte)

Die Oscars feiern in diesem Jahr ihren 90. Geburtstag, man hätte sich in Hollywood zu diesem Anlass sicher ein erfreulicheres Gesprächsthema gewünscht. Aber so schnell wird man sich des Problems nicht entledigen können, im Gegenteil: Die glamouröse Oscar-Zeremonie ist ein angemessener Rahmen für Selbstkritik. Bei den Globes erschienen die Stars geschlossen in schwarzer Garderobe, ein Zeichen der Solidarität. Jetzt ist mehr gefragt als Symbolpolitik.

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