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Sir Simon bei seiner Dankesrede im Schloss Bellevue.

© AFP/Stefanie Loos

Orden für Simon Rattle: Ein ausgezeichneter Dirigent

Der Dirigent Simon Rattle hat das deutsche Musikleben geprägt. Dafür verlieh ihm Bundespräsident Steinmeier jetzt das Großen Verdienstkreuz mit Stern.

In der Philharmonie wäre das nicht passiert: Mit sechs Minuten Verspätung beginnt am Dienstagvormittag der Livestream aus dem Schloss Bellevue – und zeigt erst einmal nur den leeren Saal. Beigefarbener Teppich, schwarze Stühle, Deutschlandfahne und Rednerpult vor dem Gemälde von Gotthard Graubner mit dem Titel „Begegnungen“.

Wie auf einem Notenpult ist die Urkunde aufgestellt, daneben liegt in einer offenen Schatulle das „Große Verdienstkreuz mit Stern“, das Sir Simon Rattle gleich verliehen werden soll. Durch den B undespräsidenten, der den Orden allerdings pandemiebedingt nicht eigenhändig überreichen darf. Der britische Dirigent selbst wird ihn am Ende der Zeremonie für die Fotografen hochhalten müssen.

Steinmeier nennt ihn einen "Werbeträger" für die Klassik

Man hört leises Rascheln, weitere Minuten vergehen, bis die beiden Herren dann endlich eintreten, in Begleitung ihrer Frauen Elke Büdenbender und Magdalena Kozena. Steinmeiers Rede ist zugewandt und freundlich, wenn auch nicht sonderlich originell. Viel ist da vom „Werbe- und Sympathieträger für die klassische Musik“ die Rede, Simon Rattles Educationarbeit wird gewürdigt, ebenso seine innovative Programmplanung, durch die er – einem Küchenchef gleich – das Publikum auf den Geschmack gebracht habe, auch für Zeitgenössisches.

Elke Buedenbender, Frank-Walter Steinmeier, Simon Rattle und Magdalena Kozena.
Elke Buedenbender, Frank-Walter Steinmeier, Simon Rattle und Magdalena Kozena.

© Reuters/Hannibal Hanschke

Gelungen ist die Schlusswendung, wenn der Bundespräsident davon erzählt, dass Paul McCarthey – geboren in Liverpool wie Sir Simon – 1967 in der BBC Bachs 2. Brandenburgisches Konzert sah und sich so sehr für die dort eingesetzte Piccolo-Trompete begeisterte, dass er dem Instrument ein Solo im Song „Penny Lane“ spendierte. Das, findet Steinmeier, sei ein Beispiel, wie sich die scheinbar so getrennten Genres ernster und unterhaltender Musik mischen können, wenn sie auf „empfangsbereite Ohren“ treffen.

Rattle hält seine Dankesrede auf deutsch

Simon Rattle hält seine Dankesrede auf deutsch – was bemerkenswert ist, wenn man bedenkt, wie sehr er in seiner Zeit als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker von 2002 bis 2018 mit der Sprache auf Kriegsfuß stand. Mittlerweile aber ist er sogar deutscher Staatsbürger, also seine Worte darum vorformuliert und geübt. Nur einmal gleitet er ins Englische ab, als er nämlich spontan eine Anekdote über Jürgen Klopp einstreut, jenen Deutschen in Liverpool, an dessen Größe er, der englishman in Berlin, nie heranreichen werde: Die Körpergröße des Fußballtrainers, berichtet Rattle, sei den Liverpudlians so vertraut, dass sie jetzt als Maßstab für angemessene soziale Distanz in Supermärkten genutzt werde: Bitte einen Klopp Abstand halten! Rattle und seine Familie sind weiterhin begeisterte Wahlberliner: „Eine Stadt mit so viel Grün ist ein Wunder“. Sie leben allerdings auch um die Ecke vom Schlachtensee, wo der Maestro gerne spazieren geht, frühmorgens oder in der Abenddämmerung, wie er verrät. Nur im Wasser werde man ihn dort nie antreffen – denn er habe erst mit 40 Jahren schwimmen gelernt und traue sich nie ohne Schnorchel und knallrote Rettungsweste in die Fluten. Das aber sei ein Anblick, der er den vielen Philharmoniker-Fans, die in der Gegend wohnen, definitiv ersparen wolle.

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