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Glutvoll. Die Sopranistin Ann-Helen Moe mit dem Orchester aus Norwegen

© Kai Bienert / Mutesouvenir

Norwegen bei Young Euro Classic: Volle Fahrt voraus

Energisch: Die Ungdomssymfonikerne aus Norwegen spielen Anders Hillborg, Edvard Grieg und Carl Nielsen bei Young Euro Classic.

Eine leere Konzertbühne ist ein Versprechen. Fünf Kontrabässe liegen bereit, die Pauken scharen sich im Halbrund, eine Conga steht da, neben mit Wasser gefüllten Gläsern. Die darauf erzeugten zittrigen Töne werden das Publikum auf den Meeresgrund entführen, gleich, bei Anders Hillborgs „Eleven Gates“ von 2006.

Beim Festival Young Euro Classic ist die leere Konzertbühne ein doppeltes Versprechen. Schon beginnen die Ungdomssymfonikerne aus Norwegen das Podium zu füllen, deutlich mehr Musikerinnen als Musiker, auch an „Männerinstrumenten“ wie der Tuba oder dem Kontrafagott. So könnte die Zukunft der Klassik aussehen.

Das Orchester unter Leitung des vor lauter Verve oft sportiv agierenden Dirigenten Johannes Gustavsson hat ein rein skandinavisches Programm mitgebracht. Schon bei der Orchesterfantasie des Schweden Hillborg erweist es sich als Energieschleuder. Ein Geigenbogen entlockt dem Vibraphon den ersten irisierenden Laut, das alsbald ein ganzes Universum eröffnet. Schöpfungsfantasien, ozeanische Träume, Urlaut und Naturlaut, die immer wieder in Wellenbergen versinken, gefolgt vom tiefen Raunen des Blechs oder mitreißenden Crescendi: Die Norweger legen sich ins Zeug bei dem effektvollen Werk, dessen Stücktitel flüsternde Spiegel und elastische Seevögel zitieren.

Waldweben, Meeresimpressionen und Sehnsuchtsräume

Bei den Seelenlandschaften von Edvard Griegs Liedern für Sopran und Orchester vermisst man hingegen Sensibilität und Zwischentöne. Während der glutvolle Sopran von Ann-Helen Moen eine intime, erotische Atmosphäre zu zaubern vermag, zeigt sich das 1973 gegründete, zum wiederholten Mal bei Young Euro Classic gastierende Jugendorchester fast ungerührt. Moens schmerztrunkenen Gesang, dem sie auch modrig-schwere Süße oder im letzten Lied „Ein Traum“ eine kokette Note hinzufügen kann, parieren die Musiker mit eher plumpen Phrasenenden.

Der hochexpressiven 3. Symphonie des Dänen Carl Nielsen kommt der passionierte Zugriff der Ungdomssymfonikerne dann wieder gut zupass. Herbert Blomstedt hat diese „Sinfonia espansiva“ einmal als „willensbetonte Musik“ charakterisiert. Die lyrischen Seitenthemen profitieren diesmal von einer exzellenten Flöte und insgesamt vorzüglichen Holzbläsern. So schließt sich der Kreis: Auch Nielsen evoziert Waldweben, Meeresimpressionen und Sehnsuchtsräume. Und die Norweger musizieren volle Fahrt voraus, auch bei der Zugabe, dem energisch verwirbelten Marsch aus Jean Sibelius’ Karelia-Suite.

Das Konzert wird am 17. 8. ab 20.03 Uhr im Deutschlandfunk Kultur gesendet.

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