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Vielseitig statt fatal. Marianne Crebassa, geboren 1986.

© Bernard Mar/Warnermusic

Neues Album von Marianne Crebassa: Lass dich umarmen, reizende Carmen

Von Bizets "Carmen" bis Massenet: Die Mezzosopranistin Marianne Crebassa und ihr spanisches Album.

In Spanien wird sie seit dem 18. Jahrhundert getanzt, international berühmt gemacht aber hat ein Franzose die Seguedilla: Georges Bizet nämlich, mit seiner Oper „Carmen“. Wenn die Titelheldin im ersten Akt davon singt, dass sie abends Spaß haben will, in der Kneipe von Lillas Pastia an der Stadtmauer Sevillas, und dass sie dorthin ihren neuen Liebhaber mitnehmen werde, dann verfällt ihr der Sergeant Don José. Der Tenor riskiert für sie Kopf und Kragen – und ersticht Carmen dann doch im dramatischen Finale, nachdem sie ihn abserviert hat, zugunsten des Toreros Escamillo.

Gleich drei Szenen aus der Oper interpretiert Marianne Crebassa auf ihrem spanischen Album, das den Titel „Séguedilles“ trägt. Dabei ist sie eigentlich gar keine klassische Carmen, keine laszive Femme fatale, die mit tiefergelegter Stimme guttural gurgelt, wenn sie sich die Männer unterwirft.

Ihr größten Erfolge feiert sie mit Hosenrollen

Die 1986 im südfranzösischen Béziers geborene Mezzosopranistin hat die größten Erfolge ihrer Karriere mit sogenannten Hosenrollen gefeiert. Als Cherubino in „Figaros Hochzeit“ (zum Beispiel in Jürgen Flimms bezaubernder Inszenierung an der Berliner Staatsoper), als Sièbel in Gounods „Faust“ oder als Ramiro in Mozarts „Finta Giardiniera“ verkörperte sie junge Männer, deren Androgynität die Komponisten dadurch betonen, dass sie sie von einer Frau singen lassen.

Aber Marianne Crebassa versucht jetzt nicht, als Carmen verruchter zu klingen, als es ihr Timbre hergibt. Sie bleibt authentisch, setzt ihren leichten, beweglichen Mezzosopran so ein, dass sie vor allem durch Kessheit provoziert. Ihre Carmen hat Leidenschaft, verströmt aber keine negative Energie.

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Das Label Erato ließ sich nicht lumpen und engagierte zu ihrer Begleitung nicht allein den Dirigenten Ben Glassberg und das stilistisch souveräne Orchestre du Capitole de Toulouse, sondern auch noch den Chor des Opernhauses und weitere Gesangssolisten wie den Tenor Stanislas de Barbayrac.

Das Album mischt Werke französischer und spanischer Provenienz, neben Musiktheaterszenen aus Massenets „Don Quichote“, Ravels „L’enfant et les sortilèges“ und „L’heure espagnole“, de Fallas „La vita breve“ sowie Offenbachs „La Périchole“ gibt es auch schlichte Lieder.

Saint-Saens kommt folkloristisch daher

„El desdichado“ von Camille Saint-Saens kommt folkloristisch daher und auch Jesus Gurridi nutzte für seine „Canciones castellanas“ traditionelle Melodien. Der Zyklus „Combat del somni“ von Federico Mompou überrascht dagegen in seiner Opernhaftigkeit – ist ihr Schöpfer doch vor allem für seine maximal minimalistischen Klavierstücke der „Musica callada“ bekannt.

Am verführerischsten aber klingt Marianna Crebassa in Massenets Chanson „Nuit d’espagne“ von 1874. Das Arrangement des Klavierlieds für Gitarre schafft die perfekte Atmosphäre einer Serenade, die unterm Balkon einer schönen Senorita erklingt. Zu wiegenden Begleitmotiven lässt Marianne Crebassa die werbenden Worte des verliebten Jünglings zum klaren Nachthimmel aufsteigen, sehnsuchtsvoll, elegant, unschuldig, drei süße Strophen lang.

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