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Die Berliner Rockband Rammstein.

© Olaf Heine

Neue Rammstein-Single ist kalkulierte Provokation: "Deutschland"-Video als wüster Ritt durch die Geschichte

Die Berliner Rockband Rammstein startet die Promokampagne für ihr neues Album mit einem geschmacklosen Clip - und einer Single namens "Deutschland".

„Deutschland, Deutschland über allen“, lautet eine zentrale Zeile aus der neuen Single der Berliner Rockband Rammstein. Die plumpe Anspielung an die nicht mehr gesungene erste Strophe der deutschen Hymne wird nationalistische Fans der Bands sicher freuen. Dass es in dem am Donnerstag veröffentlichten Song „Deutschland“ auch heißt „Deutschland – deine Liebe ist Fluch und Segen / Deutschland – meine Liebe kann ich dir nicht geben“ dient der Minimaldistanzierung der Band gegen rechte Vereinnahmung.

Das knapp neuneinhalbminütige Video zum Song, der mit einem an Anne Clarks „Our Darkness“ erinnernden Synthesizerloop beginnt, zeigt einen wüster Trip durch die deutsche Geschichte, in dem die Band in immer neuen Rollen auftritt. Ein Teil spielt in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager, in dem vier der sechs Bandmitglieder mit Schlingen um den Hals zu sehen sind.

Scharfe Kritik von jüdischer Seite

Sänger Till Lindemann hat eine blutige Wunde auf der rechten Augenbraue, Gitarrist Paul Landers trägt einen gelben Stern auf der Brust, bei Bassist Oliver Riedel ist ein rosa Winkel zu erkennen, mit dem homosexuelle Männer gekennzeichnet wurden. Als NS-Schergen in schwarzen Uniformen treten Schlagzeuger Christoph Schneider und Gitarrist Richard Kruspe auf.

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Ein bereits vorab veröffentlichter Werbe-Clip mit Bildern aus diesem Teil des Videos hatte scharfe Kritik von jüdischer Seite auf sich gezogen. Unter anderem protestierte Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der erklärte, es gebe zahlreiche Künstler, die sich auf eine würdevolle Art mit der Schoah auseinandersetzten. „Wer den Holocaust jedoch zu Marketingzwecken missbraucht, handelt verwerflich und unmoralisch“, erklärte Schuster. Sollten Rammstein mit dem neuen Musikvideo aus dem Holocaust Profit schlagen wollen, sei das geschmacklos und verhöhne die Opfer. Ähnlich äußerten sich Schusters Amtsvorgängerin Charlotte Knobloch und Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung. Der jüdische Historiker Michael Wolffsohn sprach von einer „Form von Leichenschändung. Völlig inakzeptabel!“

Anspielungen auf die NS-Zeit gab es schon früher bei Rammstein

Als geschmacklos kann das „Deutschland“-Video in jedem Fall bezeichnet werden. Es ist aber vor allem eine weitere kalkulierte Provokation der Band, die seit den Neunzigern immer wieder Anspielungen auf die NS-Zeit macht. So verwendeten sie einst in einem Video Bilder aus dem Riefenstahl-Film „Olympia“, im Song „Pussy“ sang Lindemann „Der Schlagbaum sollte oben sein / Schönes Fräulein, Lust auf mehr / Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr“, und auch der Text von „Mein Land“ lässt von der nationalistischen bis zur vertriebenenfreundlichen Auslegung viele Sichtweisen zu.

Das Video ist eine drastische Werbung für das bald erscheinende siebte Studioalbum von Rammstein, das erste seit 2009. Dafür ist ihnen offenbar jedes Mittel recht – auch trashige KZ-Szenen und ein Refrain, in dem „Deutschland! Deutschland!“ gegrölt wird.

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