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Der belgische Erfolgs-Schriftsteller und Krimi-Autor Georges Simenon.

© dpa/Belga

Neu-Edition von Georges Simenon: Maigret, die Non-Maigrets und vieles mehr

Der neue Kampa Verlag verspricht eine Neu-Edition des Gesamtwerks von Georges Simenon. Im Oktober geht es los, mit zunächst 15 Maigret-Romanen.

Wie schnell man wieder in diese Welt hineingezogen wird, wie gern man sich sofort wieder in ihr einrichtet! „Es war halb acht. Im Büro des Chefs hatte Maigret mit einem wohligen müden Seufzer, dem Seufzer eines massigen Mannes am Ende eines heißen Julitages, mechanisch seine Uhr aus der Westentasche gezogen.“ So beginnt Georges Simenon seine 1947 entstandene Erzählung „Maigrets Pfeife“, in der Kommissar Maigret am Quai des Orfèvres seine Lieblingspfeife abhanden kommt. Weil er sie für gestohlen hält, stellt er Ermittlungen an. Zehn Minuten und ein paar Absätze später, in denen er ständig an die Pfeife denken muss, fällt Maigret ein, dass er pünktlich um acht zu Hause am Boulevard Richard-Lenoir sein wollte: „Seine Schwägerin war mit ihrem Mann zu Besuch. Was noch mal hatte er versprochen mitzubringen? Ein paar Früchte. Genau. Seine Frau hatte zu Pfirsichen geraten.“

Erscheinen wird diese Erzählung, die von dem Schriftsteller Karl-Heinz Ott neu übersetzt wurde, im neuen Verlag des ehemaligen Diogenes-Verlagsmannes und Hoffmann & Campe-Verlegers Daniel Kampa, dem in Zürich ansässigen Kampa Verlag. Zwar erst Anfang Oktober, doch Kampa hat die Erzählung schonmal als Teaser an Buchhandlungen und Redaktionen verschickt. Um anzuzeigen, dass es nun ernst wird mit der Neu-Edition der „großen Romane“, wie der Verlag die Romane ohne Maigret in Zukunft nennen will, aber eben auch des „ganzen Maigrets“, bestehend aus 75 Romanen und 28 Erzählungen. Und überdies aller Non-Maigret-Erzählungen, etwa denen mit anderen Kommissaren, allen Texten von Simenon über Maigret und vielem mehr.

Denn vor einem Jahr wurde bekannt, auch nachdem Simenons Bücher nicht mehr lieferbar und im Handel erhältlich waren, dass der Diogenes Verlag die Rechte an Georges Simenons Werk verloren hatte und von dessen zweitältestem Sohn John als Rechteverwalter an eben jenen Daniel Kampa übertragen worden waren. Was nicht von ungefähr kommt, hatte Kampa doch während seiner Zeit bei Diogenes das Simenon-Werk betreut.

Nicht leicht, bei diesem Simenon-Projekt den Überblick zu behalten

Für einen neuen, nicht unbedingt großen Verlag ist das gleichermaßen eine Bürde wie ein Pfund. So eine Edition will, zudem mit zahlreichen Neuübersetzungen, erst einmal gestemmt werden. Und sie will verkauft werden, wenngleich es sich um einen eingeführten Klassiker und zuverlässigen Verkaufsschlager handelt. So kooperiert Daniel Kampa mit dem Verlag Hoffmann & Campe, bei dem er immer noch beratend tätig ist. Bei Hoffmann & Campe sollen einige Non-Maigrets und schließlich die Taschenbücher beim hauseigenen Atlantik-Verlag erscheinen. Ob das alles klappt? Ob die alten Simenon-Fans nicht nur Leser und Wiederleser sind? Sondern auch Sammler, die zu ihren sowieso schon zahlreichen verschiedenen Maigret-und Non-Maigret-Ausgaben abermals eine neue gesellen wollen, um vielleicht wenigstens einmal eine Maigret-Sammlung komplett in einer Ausstattung zu haben? Bei mir zum Beispiel stehen ziemlich wild durcheinander mindestens sechs unterschiedliche Ausgaben, darunter Maigret-Romane aus Prä-Diogenes-Zeiten, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch.

Es ist nun bei dieser Neu-Edition nicht ganz leicht, die Übersicht zu behalten, wie es sich ja sowieso für den Vielschreiber Simenon gehört. Mit 15 Maigrets, die der Kampa Verlag am 4. Oktober veröffentlicht, geht es los, dazu kommen fünf bis sechs gebundene „große Romane“ jeweils bei Kampa und Hoffmann & Campe – wobei sich nicht erschließt, warum „Der Schnee war schmutzig“ in einer Neuübersetzung und mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann bei Kampa erscheint und der nicht neu übersetzte Roman „Der Uhrmacher von Everton“ bei Hoffmann & Campe“. Nach welchen Kriterien wurde eine Auswahl für die jeweiligen Verlage vorgenommen?

Aufhören geht nicht, das war die Devise des Vielschreibers Simenon

Aber vielleicht ist das auch egal. Denn so wie Georges Simenon einmal sagte, dass er schnell schreiben müsse, sonst sei der Faden gerissen, und sein Leben von morgens bis abends von einer Figur geprägt werde beim Schreiben eines Romans, so geht es einem beim Simenon-Lesen: Aufhören geht nicht. Das umso weniger, je schöner die Ausgaben sind.

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