zum Hauptinhalt
307106_0_b7a9d656.jpg

© EPA

Nächste Runde im Kippenberger-Streit: Wer hat die Urheberrechte an den „Paris Bar“-Bildern?

Vom Gehilfen zum Chefmaler? Die gegnerischen Anwälte lieferten sich einen Schlagabtausch im Haus am Lützowplatz.

Das ist einer der spannendsten Kunst-Streitfälle der jüngsten Zeit, nur dass es nicht um Qualität, sondern Urheberrechte geht. Wem gehören sie – Martin Kippenberger, der Anfang der 1990er die zwei heute Millionen teuren „Paris Bar“-Bilder nach Fotovorlage bei einer Agentur für Kinoplakate in Auftrag gab, oder Götz Valien, der sie abmalte?

Im Haus am Lützowplatz, wo eine weitere Version von Valien in seiner Einzelausstellung (bis 27.3.) zu sehen ist, standen die Rechtsvertreter der gegnerischen Positionen einander geharnischt gegenüber: Peter Raue, der als Gutachter für das Ausstellungshaus dem Abmaler die Urheberschaft zusprach, und Friederike Gräfin von Brühl als Anwältin für den Kippenberger-Nachlass, um den „Angriff“ auf dessen künstlerisches Erbe abzuwehren. Zwischen beiden hatte der Kunsthistoriker Hubertus Butin Platz genommen, um sehr ruhig darzulegen, dass das Delegieren in der Kunstgeschichte seit der Renaissance ein gewöhnlicher Vorgang ist. Niemand käme auf die Idee, dem Lieferanten der Vorlage das geistige Eigentum abzusprechen. Als Beleg führte Butin John Baldessaris „Commissioned Paintings“ an, bei denen die Namen der Beauftragten sogar vorne mit auf der Leinwand stehen.

Die beiden Juristen aber blieben unversöhnlich. Peter Raue erklärte, für Konzeptkunst gäbe es beim Urheberrecht eine Lücke, die Idee sei kein geschütztes Gut. Friederike von Brühl hielt dagegen, Valien habe bis auf geringe Abweichungen präzise nach der Vorlage gemalt, sei mithin nur „Gehilfe“, dem keine Urheberrechte zustehen. Ansonsten besäßen auch Architekten an ihren Bauten kein geistiges Eigentum, sondern müssten es sich mit den Maurern, Dachdeckern und Elektrikern teilen.

Eine interessante Wendung nahm die Debatte durch die Verschiebung der Argumentationslinie von Raue. War vorher die künstlerische Eigenständigkeit Valiens beim Malprozess relevant, musste er davon abrücken angesichts der von Brühl und Butin präsentierten Fotovorlage. Das ausgeführte Gemälde gleicht ihr fast exakt, bis auf Details und Verzerrungen durch die Projektion. Mit einer gewissen Süffisanz erklärte die Anwältin daraufhin, sie freue sich schon auf das nächste Gutachten Raues auf dieser neuen Grundlage. Dieser konterte, er hoffe auf einen Prozess. Den allerdings will der Nachlass wohl am wenigsten, um dem Konflikt, mehr noch dem Abmaler nicht noch weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Als Beobachter dieses spannenden juristischen Sparrings würde man es sich jedoch wünschen.

Der Rest der Debatte war dagegen Geplänkel, Anteilnahme für Götz Valien aus dem Publikum: „Ein Bild so zu schaffen, ist doch eine künstlerische Leistung“, lautete ein Einwurf. Das verkennt den Kern des Konflikts. Zweifellos kann Valien malen, das beweisen seine Bilder rundum. Nur hätte er die „Paris Bar“ nie ohne Auftrag geschaffen. Seinen Job hat er gut gemacht, die Anerkennung für seinen Anteil hätte man ihm nur früher zollen müssen. Das hätte viel erspart.Nicola Kuhn

Zur Startseite