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Der Musiker und Produzent Phil Spector 2008 vor Gericht in L.A.

© dpa

Nachruf auf Phil Spector: Grandioser Sound, grauenvoller Mensch

Er gehört zu den einflussreichsten Produzenten der Pop-Geschichte, doch Phil Spector war auch ein verurteilter Frauenmörder. Jetzt ist er gestorben.

Mehr ist mehr – das war seine Devise. Die Songs mussten strahlen, knallen, funkeln. Mit einer opulenten Orchestrierung und großen Backgroundchören erzeugte Phil Spector im Studio seinen als Wall of Sound bezeichneten Überwältigungsklang, der in den frühen Sechzigern zu zwei Dutzend Top-40-Hits führte und ihn zu einem der einflussreichsten Produzenten der Popgeschichte machte.

Brian Wilson von den Beach Boys war von seinen Künsten ebenso beeindruckt wie die Rolling Stones und die Beatles.

Seine zweite Frau floh vor ihm

Zu Spectors frühen Erfolgsprojekten gehörten die Crystals und die Ronettes, für die er Chart-Hits wie „Uptown“, „He’s A Rebel“ oder „Be My Baby“ produzierte und mithalf, das Girl-Band-Genre zu etablieren. Er verließ seine erste Frau für Ronnie Bennett, Leadsängerin der Ronettes, die er 1968 heiratete.

Die Ehe entwickelte sich für die Musikerin zu einem Martyrium, denn Spector verbot ihr aufzutreten, verhielt sich extrem eifersüchtig und überwachte sie auf Schritt und Tritt. Das beschrieb sie 1990 in ihren Erinnerungen mit dem Titel „Be My Baby“. Darin erwähnt sie auch, dass Spector drohte, sie zu töten, sollte sie ihn verlassen. 1972 gelang der Sängerin die Flucht vor ihrem Mann, zwei Jahre später wurde sie geschieden.

Dass der Waffennarr Spector tatsächlich imstande war, jemanden umzubringen, zeigte sich 2003, als er die Nachtclub-Hostess Lana Clarkson in seiner Villa in Los Angeles erschoss. Es dauerte vier Jahre, bis der Fall vor Gericht kam, nach einem geplatzten Prozess wurde Phil Spector 2009 zu 19 Jahren Haft verurteilt.

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Wie die Gefängnisbehörde des Bundesstaates Kalifornien am Sonntag mitteilte, ist er nun in einem Krankenhaus eines „natürlichen“ Todes gestorben. Die genaue Ursache werde aber noch untersucht.
Zur Welt kam Harvey Philip Spector im Dezember 1940 in New York. Nachdem sein Vater acht Jahre später Selbstmord begangen hatte, zog seine Mutter mit ihm und seiner Schwester nach Los Angeles.

Dort startete Spector seine musikalische Karriere als Songschreiber, Gitarrist und Background-Sänger der Band The Teddy Bears. Mit ihr hatte er seinen ersten großen Hit: „To Know Him Is To Love Him“ schoss 1958 an die Spitze der US-Charts. Wenig später trennte sich die Gruppe und Spector ging nach New York, um bei Atlantic Records zu arbeiten. Er half unter anderem bei der Produktion von Ben E. Kings „Spanish Harlem“.

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Doch erst als Spector nach Los Angeles zurückkehrte und seinen eigenen Stil entwickelte, kam sein Durchbruch als Produzent. Neben den Girl Groups führte er Mitte der Sechziger auch das Blue-Eyed-Soul-Duo The Righteous Brothers zum Erfolg. Ihre Ballade „You’ve Lost That Lovin’ Feelin’“ ist ein Musterbeispiel für die Wall-of-Sound-Technik.

Als Spector sie 1966 auch bei „River Deep, Mountain High“ von Ike & Tina Turner anwendete, löste das nicht die erwünschte Begeisterung aus und er zog sich enttäuscht zurück.

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Ein Comeback hatte Spector 1969 mit einigen Produktionen für A & M Records. Ein Jahr später bat Beatles-Manager Allen Klein ihn, das letzte Album des zerstrittenen Quartetts fertigzustellen. Aus den unfertigen Bändern bastelte Spector „Let It Be“ zusammen. Paul McCartney mochte es nicht, doch John Lennon und George Harrison arbeiteten fortan häufiger mit ihm zusammen. Später gehörten auch Leonard Cohen und die Ramons zu seinen Kunden.

Dass Spector, der oft zu viel trank, sich Frauen gegenüber immer wieder übergriffig verhalten hat, wurde lange übergangen. Schließlich galt der 1989 in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommene Produzent als Genie. Seit seiner Verurteilung sah man ihn anders. Der schöne Schmelz seiner Songs hatte nun einen finsteren Schatten. Auch sein Tod wird daran nichts ändern.

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