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Der Berliner Sänger Demba Nabé (1972-2018).

© Imago

Nachruf auf Demba Nabé: Demba Nabés Tod reißt bei Seeed eine große Lücke

Dicke Tränen: Demba Nabé war einer der drei Sänger von Seeed. Noch vor Peter Fox und Frank Dellé nahm er unter dem Namen Boundzound ein Solo-Album auf. Jetzt ist er mit 46 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Drei "e" ergeben eine Einheit. Sie produziert Energie und Glück. Wenn die drei vorne an der Bühnenkante stehen, wenn sie sich die Zeilen zuwerfen, wenn sie erst synchron tanzen und dann wieder durcheinander springen. Die Sänger Pierre Baigorry, Frank Dellé und Demba Nabé waren zusammen diese magischen Drei, die die Berliner Band Seeed angeführt haben. Jetzt gibt es dieses Trio nicht mehr, eine Lücke klafft in seiner Mitte, denn Demba Nabé ist am Donnerstagmorgen gestorben.

Der Musiker kommt 1972 in Berlin-Buch zur Welt. Sein Vater stammt aus Guinea, er war zum Studieren nach Ost-Berlin gekommen und geht später zurück in seine Heimat. Demba Nabé wächst in Pankow auf und beginnt schon als Teenager Musik zu machen. Außerdem schreibt er Theaterstücke und spielt am Zan Pollo Theater.

1998 findet er seine Seelenverwandten, seine musikalische Familie: das Reggae-Dancehall-Kollektiv Seeed. Elf Männer, nur einer davon aus Jamaika, die meisten anderen Zehlendorfer, bringen karibische Sounds in die deutsche Hauptstadt. Sie singen deutsch und englisch, grooven wie irre und werden trotzdem erstmal schräg angeschaut.

Doch dann kommt 2001 "Dickes B.", ihre Überhymne, ihr Durchbruch, ihr ewiger Hit. "Dickes B, Home an der Spree, im Sommer tust du gut und im Winter tut's weh/ Mama Berlin, Backsteine und Benzin, wir lieben Deinen Duft, wenn wir um die Häuser ziehn" - singen Baigorry, Dellé und Nabé im Refrain. Eine der schönsten und treffendsten Liebeserklärungen, die Berlin je in einem Song gemacht wurde.

Mit Charme und Perücke

Im Video spaziert die Band in Hüten und schicken Anzügen durch die graue Stadt - stilsicher, cool und eigen. Genau wie ihr Berliner Reim auf die jamaikanischen Roots und Riddems, den sie auf ihren ersten beiden Alben "New Dubby Conquerors" (2001) und "Music Monks" (2003) präsentieren.

Die Band entwickelt sich zu einer nationalen Größe, wird bald auch international gebucht. Live sind Seeed ein fantastisches Entertainment-Team, das auch mal eine Trommlergruppe dazu holt oder das Publikum zu Formationstänzchen motiviert. Das Wort führen dabei meist Pierre Baigorry oder Frank Dellé. Derweil grinst Demba Nabé lieber charmant oder versteckt sich unter einer voluminösen Lockenperücke wie 2015 beim Lollapalooza-Festival auf dem Flughafen Tempelhof.

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Als die Gruppe 2007 eine Pause macht, bringt Demba Nabé der als erster Seeed-Sänger ein Solo-Album heraus. Er gibt sich das Pseudonym Boundzound, das für die Überwindung von Grenzen mittels Musik steht, und nimmt zusammen mit dem Produzententeam The Krauts zwölf Songs zwischen Dancehall und Clubtrack auf. Die Single „Louder“ schafft es sogar in die deutschen Top 20 – ein Song hätte sich auch auf einem Seeed-Album gut gemacht hätte. „Stay Alive“, die zweite Single, bewegt sich ebenfalls auf den Spuren seiner Hauptband, wobei die Texte hier komplett in Englisch gehalten sind.

Für die Promotion-Ausgabe der Platte (Vinyl plus CD!) legt sich Demba Nabé besonders ins Zeug und zeichnet selbst das Artwork. Es zeigt blaue Entenfiguren in Anzügen. Dazu schreibt der Sänger einen lustigen Gagatext, der mit den Worten „Gott, geht’s mir gut.“ schließt. 

Obwohl er für das selbstbetitelte Debüt einen Newcomer-Preis gewinnt, wird es kein großer Erfolg. Und als Pierre Baigorry ein Jahr später unter dem Namen Peter Fox sein Album „Stadtaffe“ veröffentlicht, stellt er damit nicht nur Demba Nabé, sondern zeitweise auch Seeed in den Schatten. Erst 2012 – inzwischen ist schon ein zweites Boundzounds-Werk unter dem Titel „Ear“ erschienen – bringt die Band nach sieben Jahren Pause ihr viertes Album heraus und beweist ihren Ausnahmestatus mit Hits wie „Augenbling“ und einer tollen Reggae-Version von Blacks „Wonderful Life“. Darin übernimmt Demba Nabé die zweite Strophe. Voller Sehnsucht und mit großer Stimmkraft singt er: „I need a friend/ Oh I need a friend/ To make me happy/ Not stand here on my own“.

Alleine stehen jetzt seine Fans und seine Band da. Eigentlich hatten Seeed geplant im kommenden Jahr auf Tour zu gehen, der Vorverkauf hat schon begonnen. Selbst wenn der Rest von Seeed wieder live spielen sollte – die Einheit der drei „e“ ist für immer zerbrochen. Demba Nabés Stimme wird fehlen.

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