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DSO-Duo. Chefdirigent Robin Ticciati und der scheidende Orchesterdirektor Alexander Steinbeis.

© Monica Menez

Nachfolge noch offen: Warum der Orchesterdirektor das DSO verlässt

Orchesterdirektor Alexander Steinbeis trennt sich nach 14 Jahren im Guten vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. Wer ihm nachfolgt, ist nicht geklärt.

Heute ist sein letzter Arbeitstag: Nach 14 Jahren beim Deutschen Symphonie-Orchester wird Alexander Steinbeis sein Orchesterdirektoren-Büro im Fernsehzentrum des RBB abschließen und in ein Sabbatical starten. Zurück bleibt eine große Lücke: Denn der 45-Jährige hat in seiner Amtszeit nicht nur sehr erfolgreich das Profil des Ensembles geschärft, sondern es ist auch unklar, wer ihm nachfolgen soll.

Da zudem Sebastian König, der den kaufmännischen Bereich gemanagt hat, ebenfalls beim DSO aufhört, um einen Leitungsposten beim WDR Sinfonieorchester anzutreten, ist das Ensemble auf der Managementebene künftig kopflos.

An Steinbeis liegt es nicht, dass diese missliche Situation entstanden ist. Er hat bereits im August 2019 bekannt gegeben, dass er aus persönlichen Gründen seinen Vertrag auslaufen lassen werde. Zeit genug gab es also für die Kandidatensuche.

Um die sich drei Akteure kümmern müssen: Chefdirigent Robin Ticciati hat ein Interesse daran, eine Person seines Vertrauens als Sparringspartner für die Programmplanung zu finden. Das Orchester will jemanden, der sich für die Interessen der Musikerinnen und Musiker stark macht.

Und Anselm Rose, der Geschäftsführer der Rundfunkorchester und -chöre GmbH, muss zusehen, dass organisatorisch alles reibungslos läuft in der Klassik-Holding, zu der neben dem DSO auch die beiden Berliner Profichöre und das Rundfunk-Sinfonieorchester gehören.

Die kommende Spielzeit steht

Natürlich hinterlässt Alexander Steinbeis kein Chaos. Die kommende Spielzeit ist minutiös durchgeplant, für September und Oktober hat er mit Ticciati und den Musikervertretern Alternativprogramme erarbeitet, die den Corona-Abstandsregeln folgen, nach denen deutlich weniger Künstler auf der Bühne Platz haben als üblich.

Und das siebenköpfige Team im DSO-Büro wird die Herausforderungen der kommenden Monate schon meistern. Aber es macht natürlich keinen guten Eindruck nach außen, wenn der Direktorensessel jetzt erst einmal leer bleibt.

Den scheidenden Amtsinhaber sollte das nicht bedrücken. Denn er macht, was nach 20 intensiven Berufsjahren das Richtige ist: Er gönnt sich eine Auszeit.

„Ich habe die Aufgabe beim DSO als Traumjob empfunden, weil man mit einem brillanten Orchester und einem hochmotivierten Team ungeheuer kreativ sein kann“, sagt Steinbeis.

„Gleichzeitig verlangt einem die Aufgabe alles ab, wenn man ihr über die Programmplanung und Konzertorganisation hinaus gerecht werden will, eng am Orchestergeschehen und dazu im ständigen Austausch mit Partnern, Netzwerken und Politik sein möchte.“

Erst mal ein Sabbatical

Die großem Reisen, von denen er für das Sabbatical geträumt hatte, sind durch die Pandemie allerdings erst einmal vereitelt worden. Vielleicht ist das sogar ganz gut so. Denn schließlich hat sich der Macher zum Ziel gesetzt, einmal nichts zu machen, jedenfalls nicht das Übliche.

Ganz bewusst hat er noch keine neue Leitungsposition in Aussicht für die Zeit danach. „Ab dem Moment, da ich weiß, dass ich eine neue Aufgabe übernehme, würde ich doch sofort mit der Planung anfangen“, sagt er, „wäre ich gedanklich schon wieder im nächstem Hamsterrad.“

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Auf seine Zeit beim DSO blickt Steinbeis dankbar zurück: „Ich hatte das Glück, mit drei unglaublich inspirierenden, gleichzeitig sehr unterschiedlichen Chefdirigenten zusammenzuarbeiten.“

Da war Ingo Metzmacher, ein Intellektueller und innovativer Kopf mit Faible fürs Zeitgenössische, der den stilistischen Horizont des Orchesters geweitet hat. Denn kam Tugan Sokhiev, ein ästhetisch eher konservativer Russe, der aber als Klangfarbenzauberer faszinierte.

Chefdirigent Robin Ticciati musste lange umworben werden

Leider ließ sich Sokhiev bald nach Moskau abwerben, so dass sich Steinbeis erneut auf die Suche machen musste. Mit Robin Ticciati war bald ein Wunschkandidat des Orchesters gefunden, doch lange musste der Manager um ihn werben. Irgendwann war es geschafft – und der Brite mit dem jungenhaften Charme erwies sich als weiterer Glücksfall fürs DSO. Weil er wiederum eine ganz andere Richtung einschlug, in der Kommunikation wie bei der Werkauswahl.

Er brachte sein Faible für Barockmusik mit, setzt viel französische Musik aufs Programm, begeistert sich für Nachwuchsprojekte und entwickelt kompakte Themen-Festivals. Das nächste soll Richard Wagners Zeit in Paris gewidmet sein.

Der Termin liegt im November, und Alexander Steinbeis hofft inständig, dass der Senat seine Verordnungen bis dahin so weit lockert, dass sich die nötige Anzahl von Künstlern auch auf der Bühne aufhalten darf. Sein Problem ist das nun nicht mehr.

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