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Kultur: Musik in Berlin: Explosionen - Michael Gielen dirigiert beim BSO Berg, Beethoven und Strawinsky

Er liebt das Ungewöhnliche. Nach seinem Szymanowski-Haydn-Abend präsentierte Michael Gielen mit dem BSO erneut ein unalltägliches Programm, ohne ein einziges Zugstück.

Er liebt das Ungewöhnliche. Nach seinem Szymanowski-Haydn-Abend präsentierte Michael Gielen mit dem BSO erneut ein unalltägliches Programm, ohne ein einziges Zugstück. Und dennoch war die Resonanz stark, das Konzerthaus proppenvoll. In knisternder Spannung wurden am Anfang und Ende des an drei Abenden über die Bühne gehenden Konzertes Werke von Alban Berg und Igor Strawinsky gespielt. Und das dazwischen musizierte Tripelkonzert von Beethoven wird man auch nicht als einen Konzertsaalschlager bezeichnen können. Früher galt es sogar als das "schwarze Schaf" unter Beethovens Werken. An diesem BSO-Abend funkelte es nur so in seiner finessenreichen Faktur, bereitete es Freude in seiner subtilen spielerischen Mobilität.

Mit dem Salzburger Geschwister-Trio Siegmund, Hanna und Bruno Weinmeister war ein erstklassiges Solistenensemble zu erleben. Da war eine optimale Verständigung zwischen den drei auch musikalisch verwandten Künstlern zu bemerken, eine exzellente spielerische Balance, vor allem ein geistvolles Dialogisieren ohne jeden Durchhänger. Mit pointierter Spielfreude wurden alle Schatten hinweggefegt, die sich im Lauf der Zeit über das noch immer verkannte Stück gelegt haben. Bei den Drei Orchesterstücken op. 6 von Alban Berg waren Gielen und das BSO zu Beginn des Konzertes in ungleich härtere Klangbereiche vorgedrungen. Mit geheimnisvollen Schattierungen wurden die erschreckenden Visionen der Stücke aufgerissen, die deutlich den Ersten Weltkrieg ankündigen. Gielen steuerte das gnadenlos geforderte Orchester souverän durch die Klippen der ungeheuerlichen Partitur. Er war dem hochkomplizierten Werk, mit dem Berg seinen "Wozzeck" vorwegnimmt, mit expressiver Härte und viel Empfindsamkeit auf der Spur. Strawinskys Sinfonie in drei Sätzen, in die die Zeichen des Zweiten Weltkrieges eingebrannt sind, gelangte mit ganzer Explosivkraft in den düsteren Ecksätzen und der überraschenden Rossini-Reverenz im graziösen Andante zu großer Wirkung. Da fehlte es nicht an pikanten Übergängen, an hintergründigen Nuancierungen und heftig vorwärtsdrängenden Momenten. Soviel tragische Größe wird dem Sinfoniker Strawinsky nicht immer zuteil. Wieder ein Gielen-Abend der Sonderklasse.

Eckart Schwinger

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