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Architekt Jacques Herzog, der Regierende Bürgermeister Michael Müller, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, Stiftungspräsident Hermann Parzinger, Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann und Klaus Max Rippel, Leiter des Landesbetriebes Bundesbau Baden-Württemberg (von links nach rechts), beim ersten Spatenstich für das Berliner Museum des 20. Jahrhunderts.

© Fabian Sommer/dpa

Museum des 20. Jahrhunderts: Sechs Schippen und ein Halleluja

Erster Spatenstich am Kulturforum: 2026 soll das neue Ausstellungshaus fertiggestellt sein.

Sonnenschein, Glockengeläut von nebenan und eine Kulturstaatsministerin, die Halleluja rufen möchte – beim ersten Spatenstich für das Museum des 20. Jahrhunderts wird alles gegeben: der Segen von oben, der Kirche und der Politik. Nach sieben Jahren der Vorbereitung für das neue Haus, Jahrzehnten glückloser Planung für das Kulturforum soll nur noch reine Freude darüber herrschen, dass es endlich losgeht.

Die euphorisierten, ja beinahe druckvollen Reden von Monika Grütters, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Hermann Parzinger als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dem Architekten Jacques Herzog und schließlich Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann machen die Erleichterung spürbar, die zusätzlichen Gelder des Bundestages vor fünf Wochen bekommen zu haben und nun loslegen zu können.

Auf die ursprünglich genehmigten 200 Millionen Euro wurden noch einmal 250,2 Millionen Euro draufgesattelt, davon 52,2 Millionen Euro für erwartete Baupreissteigerungen und 33,8 Millionen Euro für Unkalkulierbares, genannt Risikokosten. Die Verdoppelung der Kosten, der wenig ansprechende Entwurf des Schweizer Architektenbüros Herzog & de Meuron hatten kurz vor der Mittelfreigabe durch den Bundestag einen Sturm des Widerstands ausgelöst.

Die ostentativ überschwängliche Stimmung nun beim Festakt in einem Zelt, dessen schlichte Erscheinung den Grundformen des künftigen Museumsbaus erstaunlich ähnelt, zeugt von der Verunsicherung der Macher – ausgelöst durch den in den Medien entfachten Gegenwind. Wenn nicht jetzt, dann würde es später kaum noch Aussicht geben, ein solches Museum später einmal bauen zu können, das macht Kulturstaatsministerin in ihrer Rede nochmals deutlich.

Auf dem Baugrundstück wird erst einmal nichts passieren

Lauter strahlende Gesichter also und bei Drei stoßen Grütters, Müller, Parzinger, Herzog, Kittelmann und Klaus Max Rippel, der Leiter des Bundesbaus in Baden-Württemberg als überwachender Behörde, ihre Spaten in den Boden. Dass es sich dabei nur um einen symbolischen Akt handelt, wird auch daran deutlich, dass zwar jenseits des Bauzauns, vor der Philharmonie rege Geschäftigkeit herrscht, dort die Neugestaltung des Vorplatzes voranschreitet, auf dem Grundstück des künftigen Museums des 20. Jahrhunderts es allerdings wieder still werden wird.

Der offizielle Termin tut vor allem der vertraglichen Zusicherung gegenüber den Sammlern Genüge, dass 2019 sichtbar noch etwas passiert. Da mögen Juristen und Architekten noch so sehr versichern, dass rein rechtlich mit dem Bauen längst begonnen wurde – ein erster Spatenstich besitzt eine ganz andere Macht des Faktischen.

Privatsammler forcierten den Beginn der Planung

So geht der Dank der Redner an die Sammler Ulla und Heiner Pietzsch, Erich Marx, für den sein Sohn und Enkel gekommen sind, und Egidio Marzona, die mit ihren Gaben die Gründung des Museums forciert hatten. Für so manchen Gegner sprach gerade dieser Druck durch Private gegen die Planung. Umso mehr beeilt sich Hermann Parzinger Zweifel auszuräumen, wie dringend die Neue Nationalgalerie auch sonst eine Erweiterung braucht: Über 400 Werke gingen im „Dritten Reich“ verloren, heute gehören 4000 Werke zur Sammlung, von der nur ein Bruchteil gezeigt werden kann.

Die Ismen der Avantgarde, die unterschiedlichen Entwicklungen in Ost und West nach 1945 müssten endlich gezeigt werden. Mit dem Neubau und 9000 Quadratmetern Ausstellungsfläche werde Berlin im internationalen Vergleich dort anknüpfen, wo es sich mit seinen Beständen längst befinde.

Architekt Jacques Herzog: „Wir tragen gemeinsam Verantwortung.“

Jacques Herzog sucht seinen Kritikern ebenfalls den Wind aus den Segeln zu nehmen. Scheune, Bahnhof, Aldi, Hangar – er wisse um all die spöttischen Spitznamen für den Entwurf, er nehme sie als positives Zeichen. In Peking sei dies nicht anders gewesen, wo ihr Stadion als „Nest“ bezeichnet wurde, zuletzt mit einer gewissen Zärtlichkeit, ja Liebe der Bewohner.

Die einfache Form des Satteldachs für das Museum stelle eine Verbindung zwischen den isolierten und auf sich selbst bezogenen anderen Bauten des Kulturforums dar – ohne aufzutrumpfen, ohne sich zu verstecken. Auch die Angst vor Unvorhersehbarem bei den Gründungsarbeiten für das zwei Etagen in die Tiefe reichenden Gebäude versucht er zu nehmen: „Wir tragen gemeinsam Verantwortung.“

Bevor die sorgenvoll erwarteten Bohrungen beginnen, vergeht allerdings erst einmal viel Zeit. Die Potsdamer Straße muss zuvor verschwenkt werden. Ob diese Maßnahmen dem Kulturforum auf die Sprünge helfen, kann bezweifelt werden. 2026 soll das Museum jedenfalls fertiggestellt sein. Auch an der Einhaltung dieses Datums wird man den Erfolg des Neubaus

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