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Das Modell des Siegerentwurfs des Basler Architekturbüros Herzog und de Meuron für das Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum.

© Jens Kalaene/dpa

Museum der Moderne: Frage nach Kostensteigerung bleibt unbeantwortet

Die Kosten des Museums des 20. Jahrhunderts sind schon vor Baubeginn in die Höhe geschossen. Eine befriedigende Erklärung gibt es dafür nicht.

Das hat dann aber doch gerummst. 450 Millionen Euro – mit diesem Preisschild ist das geplante Museum des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum seit Montag behängt, da Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) den Abgeordneten des Bundestags-Haushaltsausschusses reinen Wein einschenken musste. Längst wurde gemunkelt, dass die im Jahr 2014 urplötzlich von eben diesem Haushaltsausschuss bewilligten 200 Millionen glatt zu verdoppeln sein würden.

Verärgertes Schweigen war die Reaktion der Verantwortlichen. Doch nun ist es amtlich. Zu den ermittelten 364 Millionen Baukosten – Stand heute – kommen 52 Millionen vorhersehbare Baukostensteigerung und 34 Millionen Risikopuffer.
Niemand, der das Berliner Baugeschehen auch nur von ferne verfolgt, zweifelt daran, dass der Museumsbau die Halbmilliardenmarke gerissen haben wird, wenn er denn 2026 tatsächlich eröffnen sollte.

Jacques Herzog und Pierre de Meuron, die Gründer und Prinzipale des gleichnamigen, weltberühmten Basler Architekturbüros mit derzeit knapp 500 Mitarbeitern an sechs Standorten auf drei Kontinenten, werden dann ihr jeweils 75. Lebensjahr vollendet haben – rüstig genug, den Bau bis zur Vollendung selbst zu betreuen. Das ist bei einem so diffizilen, einem bei aller Einfachheit der Großform in seinen Details ungeheuer präzisen Entwurf auch vonnöten.

Denn Präzision in allen Einzelheiten und cartesianische Klarheit im Durchdenken „des“ Museums und seiner Aufgaben in unserer Zeit kann niemand den Basler Baumeistern absprechen, der die schrittweise Überarbeitung ihres bereits im Jahr 2016 ausgewählten Siegerentwurfs verfolgt. Gestern stellte Jacques Herzog den neuesten Planungsstand – den, der noch im Spätherbst mit dem ersten Spatenstich besiegelt werden soll – in der Villa von der Heydt vor, dem Amtssitz des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Der Entwurf verfolge „ein Konzept der Dichte", so Herzog

Hermann Parzinger betonte bei diesem Pressetermin, „wir“ – die Staatlichen Museen der Stiftung – „brauchen ein ganz besonderes Gebäude, ein lebendiges Haus, das das 20. Jahrhundert ganzheitlich und lebendig erfahrbar machen wird“. Gewiss; aber das wird zuallererst Aufgabe der künftigen Museumsleitung sein und nicht mehr die der gestern Anwesenden.

Wichtiger ist der folgende Punkt, den Parzinger hervorhob und Herzog in seinem unaufgeregten Beitrag unterstrich: die Rolle des Neubaus für das Kulturforum. Alle Redner wiesen auf das Grundkonzept des Entwurfs mit seinen sich kreuzenden Hauptwegen hin; Herzog präzisierte, dass der Entwurf „ein Konzept der Dichte“ verfolge, „kein offenes Forum, wo die Menschen lustwandeln“.

Jede Richtung des Wegekreuzes zielt auf einen unmittelbaren Nachbarn, den Mies-Tempel der Nationalgalerie zur einen, die Philharmonie zur anderen Seite, etwas entfernt im Norden die Gemäldegalerie, im Süden, über die Potsdamer Straße hinweg, die Staatsbibliothek.

Woher aber die nun doch exorbitante Kostensteigerung? Diese Frage umschifften alle Redner, indem sie die – von niemandem je bezweifelte – Notwendigkeit des Museumsgebäudes betonten, um endlich die Sammlung der Nationalgalerie angemessen präsentieren zu können.

Ach - Probleme im Berliner Untergrund?

Dass der Entwurf von Herzog & de Meuron nunmehr ein zusätzliches Tiefgeschoss umfasst, dessen Ausbleiben doch bei der Siegerwahl im Wettbewerb gerade als Vorzug herausgestellt worden war – geschenkt. Ganz nebenbei ließ Herzog einfließen, „dass wir mitten in einer Großstadt mit anspruchsvollen Bodenverhältnissen ein Museum bauen“. War das vorher unbekannt? Jeder Kundige kann aus dieser beiläufigen Bemerkung ersehen, dass es möglich, ja wahrscheinlich ist, dass der Tiefbau nochmals den Kostenrahmen sprengen wird, dann – wie üblich – begründet mit zuvor ungeahnten Problemen im Berliner Untergrund.

Einen anderen Punkt fügte Herzog an, über den es lohnt, tiefer nachzudenken. Die Kunst heute sei „so schweineteuer, dass man sie mit einem ungeheuren Aufwand zeigen muss“, nämlich mit aufwändigster Haustechnik. „Schweineteuer“ – ein solches Wort aus so noblem Munde! Auch das war kein Lapsus, sondern eine gezielte Distanzierung, mit der der Architekt die Verantwortung oder mindestens die Ursache für die auch im Erstansatz schon enormen Baukosten dem heutigen Umgang mit Kunst zuschob.

Gerade Herzog & de Meuron, die für die finanzstärksten Investoren des Erdballs bauen, ob in New York, Hongkong oder im heimischen Basel, kennen das heutige Geschäft mit der Kunst als Anlage- und Spekulationsobjekt aus eigener Anschauung. Dass in Berlin nunmehr ein Museum gebaut wird, das ein Mehrfaches dessen kostet, was noch vor wenigen Jahren für Kunstankäufe aufzuwenden, ja überhaupt nur vorzustellen war, sagt allerhand über die Schieflage, in die die das Sammeln von Kunst und deren Pflege in öffentlich betriebenen Museen geraten sind.

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