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Um dieses Werk geht es: "Regatta in Venedig" von Henri-Edmond Cross.

© Collection Museum of Fine Arts Houston

Museum Barberini: Verdacht auf Raubkunst in der Cross-Ausstellung

Das Potsdamer Museum Barberini präsentiert eine Retrospektive des Malers Henri-Edmond Cross. Eines der Gemälde könnte Nazi-Raubkunst sein. Wie geht es weiter?

Der Fall scheint klar zu sein und stellt sich doch komplizierter dar als gedacht. In der Retrospektive von Henri-Edmond Cross (1845 1910) im Potsdamer Museum Barberini hängt ein Bild, das offensichtlich einst eindeutig NS-Raubkunst war. Auf der Rückseite des Gemäldes „Regatten in Venedig“ von 1903/04 befindet sich die Nummer MA-B 1085, die es sehr wahrscheinlich als Raubgut identifiziert. Die Buchstaben stehen für „Möbel Aktion Bilder“, eine Konfiszierungsaktion von dem „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“, der im besetzten Paris die Kunst jüdischer Sammler beschlagnahmte und nach ihrer Deportation deren verlassene Wohnungen leer räumte.
Zu den Opfern gehörte auch Gaston Lévy (1893 bis 1977), ein Freund und Förderer Paul Signacs, der eine große Impressionistensammlung besaß. Aus seinem Besitz stammt offensichtlich das Gemälde von Cross. Die Berliner Kanzlei Partsch, die die Erben Lévys vertritt, fordert deshalb vom Museum Barberini, dass es das Bild den Nachfahren wieder zukommen zu lassen, statt es nach Ausstellungsende am 17. Februar den Leihgebern zurückzugeben, dem Museum of Fine Arts in Houston. Die Kanzlei hat in der Angelegenheit am 21. Januar beim Landgericht Potsdam einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. „Wir fordern die Behörden, Gerichte in Deutschland sowie das Museum Barberini auf, sich an die Washingtoner Prinzipien zu halten und Abtransport von Raubgut aus Deutschland zu verhindern und eine Lösung nach den Washingtoner Prinzipien zu ermöglichen,“ so Anwalt Christoph Partsch auf seiner Website. In Deutschland ist dies ein bisher einmaliger Fall, vergleichbar der Konfiszierung von Schieles „Wally“ aus dem Besitz des Wiener Leopold-Museums 1998 im Rahmen einer Ausstellung in New York. Damals folgte ein über zehnjähriger Rechtsstreit.

Auch Gurlitt besaß ein Werk aus der Sammlung Lévy

Den gleichen Weg geht nun auch Christoph Partsch. Dass sich die Erben nicht längst ans Museum in Houston gewandt haben, erklärt er damit, dass die Anwaltskosten in den Vereinigten Staaten zu hoch seien, anschließend das Gemälde verkauft werden müsste. Die Familie wolle es jedoch behalten. Seinen Antrag nennt er einen gewöhnlichen Vorgang, vergleichbar mit der Konfiszierung gestohlener Autos oder Yachten. Bei dieser Art Raubgut werde in Deutschland sehr viel konsequenter durchgegriffen. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters sei nun gefordert. Sie hat erst jüngst angekündigt, dass die Washingtoner Prinzipien auch für Privatmuseen gelten müssten.
Das Museum Barberini hält sich bislang zurück. In einem Statement vom Mittwoch heißt es: „Das Museum of Fine Arts in Houston bemüht sich aktuell intensiv um eine möglichst sofortige Aufklärung des Sachverhalts.“ Das Gemälde ist eine Schenkung von 1958 durch Oveta Culp Hobby, der ersten Gesundheitsministerin der Vereinigten Staaten, die dem Museum bereits 15 Jahre zuvor eine Matisse-Zeichnung vermacht hatte. Welche Wege das Cross-Gemälde nach der Konfiszierung durch die Nationalsozialisten 1940 in Paris genommen hat, ob es erneut 1945/46 am Collecting Point oder zuvor dem Jeu de Paume gestohlen wurde, wie Rechtsanwalt Partsch vermutet, muss nun geklärt werden. Hilfe könnte er sich bei der Gurlitt-Taskforce holen, die das Gemälde „Quai des Clichy“ von Paul Signac aus der Sammlung Lévy untersucht. Vermutlich wurde es ebenfalls 1940 von deutschen Besatzern beschlagnahmt. Auch auf dieses Gemälde wurde von Nachfahren Gaston Lévys Anspruch erhoben, offensichtlich durch einen anderen Zweig der Familie, der mit dem Berliner Rechtsanwalt nicht in Verbindung steht. Eine Restitution ist bislang nicht erfolgt, da die Provenienz noch nicht lückenlos geklärt ist. Eine Entscheidung des Potsdamer Landgerichts wird bis Ende nächster Woche erwartet.

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