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Sebastian Szary, Sascha Ring und Gernot Bronsert sind Moderat.

© Flavien Prioreau

Moderat live in Berlin: Die Magie des Breitwand-Geklackers

Das Berliner Elektro-Trio Moderat gab zum Abschluss seiner Welttour ein tolles Konzert in der Wuhlheide.

Die Ordner der Freiluftbühne Wuhlheide geben verzweifelt Anweisungen: Fluchtwege frei halten, bitte. Irgendwann geben sie es auf, zu groß ist das Gedrängel in Richtung Tribüne. 17 000 Besucher passen in die Open-Air-Arena und mindestens so viele kommen auch, um Moderat, einen von Berlins führenden Elektro-Export-Artikeln, zu erleben.

Er hätte es sich niemals träumen lassen, einmal in der Wuhlheide aufzutreten, sagt Sascha Ring, Sänger und somit auch Frontmann des Trios, irgendwann während des Auftritts. Und man kann ihn nur zu gut verstehen. Drei Männer, aufgewachsen in der DDR, Ende der Neunziger nach Berlin gezogen wegen Raves und Partys, sind nun ein globales Phänomen.

Dabei wollten sie ursprünglich nicht viel mehr, als elektronische Musik zu produzieren wie ihre Szene-Helden. Inzwischen ist in Rio, New York oder Osaka der Inbegriff von Techno made in Berlin das Berghain – und Moderat. Gerade kommt die Band zurück von ihrer Welttournee und nun steht sie hier, wo sonst Rockstars auftreten, denen die Hallen in Berlin zu klein geworden sind.

Moderat sind ein globales Phänomen

Als es Anfang der Nullerjahre begonnen hat mit Moderat, konnte noch niemand damit rechnen, dass aus dem ursprünglich als Nebenprojekt geplanten Trio einmal ein derartiger Stadion-Rave-Act werden sollte. Gernot Bronsert und Sebastian Szary, zwei bodenständig wirkende Ossis bildeten Modeselektor und hatten damit schon Erfolg. Sie taten sich mit ihrem Freund Sascha Ring zusammen, einem eher zurückhaltend wirkenden Wuschelkopf, der gerade als Apparat reüssierte. Die Chemie passte, die Fusion funktionierte. Das elektronische Gefrickel, für das Modeselektor bekannt waren, verband sich mit Sascha Rings Hang zu großen Gefühlen und epischem Pop und plötzlich klang man eher wie Radiohead oder Depeche Mode als nach Nischenelektronik für ein paar Eingeweihte.

Schon der erste Song elektrisiert die ganze Arena

Und Moderat, die vor einem Jahr ihr drittes Album veröffentlichten, zeigen in der Wuhlheide dann auch von Beginn an, dass eine Bühne wie die Wuhlheide tatsächlich keineswegs zu groß für sie ist. Es geht los mit einer Trip-Hop-artigen Nummer. Sascha Ring steht vorne und singt, und sofort ist die ganze Arena wie elektrisiert. Ein Hauch von der Magie Portisheads liegt in der Luft. Mächtige Visuals zucken hinter den dreien, lassen sie im grellen Lichtspiel und Geflacker schemenhaft wirken, die effektvolle Light-Show passt bestens zu der Überwältigungs- Elektronik von Moderat. Dabei erstarren die drei nie hinter ihren Geräten, wie das so oft der Fall ist bei dieser Art von Musik, sondern sparen nicht mit breitbeinigen Rockstar-Posen und allerlei Bühnen-Action.

Es wird dann doch kein Freiluft-Rave

Moderat sind das, was in den neunziger Jahren mal Underworld oder die Chemical Brothers waren: Breitwand-Elektroniker, die sich auch auf die Ausdrucksmittel der Rockmusik verstehen. Ein wenig wirken sie auch wie Scooter für Abiturienten und das ist nun überhaupt nicht despektierlich gemeint.

Trip Hop, Maximal-Techno und Beatgeklacker, das man Post-Dupstep nennen könnte, schwappt so gut wie ohne Unterbrechung von der Bühne herab auf das Publikum, das nie so recht weiß, ob es nur nach vorne starren oder einfach mal tanzen sollte. Es wirkt irgendwann so, als stünde hier mitten im Grünen ein echter Freiluft-Rave kurz bevor. Aber dann schnappt sich Sascha Ring wieder das Mikro, mimt den Popstar, der er inzwischen vielleicht sogar tatsächlich ist, die Stimmung wird bedächtiger und das Ganze bleibt dann doch eher ein Konzert als ein Tanzspektakel im Wald.

Berlin, ruft Sascha Ring immer wieder. Nur das eine Wort: Berlin. Es macht deutlich, wie geplättet er ist, dass nach einer langen Reise um die Welt der Höhepunkt der langen Tournee von Moderat tatsächlich zum Schluss zu kommen scheint, daheim, in Berlin, in der Wuhlheide.

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