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Kultur: Mit Unterleib und Seele

Höchst geschmacksarm: Für die Klamotte „Movie 43“ gehen US-Stars mit Vergnügen unter ihr Niveau.

Wenn ein Film von gleich zwölf Regisseuren inszeniert und acht Autoren geschrieben wurde, ist eher nichts Gutes zu erwarten. Viele Köche, heißt es so schön hässlich, verderben den Brei. Aber was, wenn gerade solch ein Ergebnis schmeckt – in einer Welt, in der allzu viel bloß glatt genießbar bleibt? „Movie 43“ ist so ein Film: erzähltechnisch eine Zumutung und die Witze krachend unterleibsfixiert. Andererseits verblüfft die Menge an tatsächlich zündenden Gags, und die Besetzung ist ohnehin vom Feinsten. Fünf Stars mit Oscar-Touch, darunter die aktuellen Anwärter Naomi Watts und Hugh Jackman. Dazu zwei weitere Stars, die den Preis bereits gewonnen haben. Und warum, zum Teufel, ist dann Meryl Streep nicht dabei?

Für die narrativen Ausfälle immerhin hat Peter Farrelly, Initiator des Projekts (das er diesmal ohne seinen jüngeren Bruder Bobby durchzog), eine perfekte Ausrede: In der Rahmenhandlung sitzen drei pubertierende Jungen vor dem Computer und suchen nach einem verbotenen Film, jenem „Movie 43“. Dabei stolpern sie von einer Sequenz zur nächsten. Farrelly selbst hat zwei Episoden übernommen, die an seinen größten Hit „Verrückt nach Mary“ erinnern. Beide Male trifft sich eine Frau mit einem Mann zum Abendessen, und immer wird die romantische Stimmung durch unappetitliche Details beeinträchtigt. Kate Winslet wundert sich, warum ein so begehrenswerter Mann wie Hugh Jackman noch zu haben ist, und versteht es, als er seinen Schal abnimmt. Was da an seinem Hals hängt, ist der wohl abstoßendste Schönheitsfehler in der jüngeren Filmgeschichte. Die zweite Dating-Episode erlaubt es der sonst oft angespannt wirkenden Halle Berry hemmungslos herumzualbern.

Niemand blamiert sich in diesem Film, im Gegenteil. Die überwiegend aus dem ernsten Fach bekannten Stars absolvieren ihre Auftritte mit bewundernswerter Nonchalance. Naomi Watts spielt eine Mutter, die ihren Sohn zu Hause erzieht und ihm hier alles bietet, was den Schulalltag ausmachen kann: strenge Lehrer, mobbende Mitschüler, das erste Mal. Sie spielt diese Rolle so ernst wie in einem Drama und erzielt gerade damit Lacher. Der einzige Schwachpunkt ist eine politisch korrekte, antirassistische Episode mit Terrence Howard als Trainer einer schwarzen Basketballmannschaft. Wie er sein Team motiviert und ihm die Angst vor dem weißen Gegner nimmt, das ist anständig und bewundernswert – mit anderen Worten: in diesem Film absolut fehl am Platz. Dafür entschädigt kurz darauf der durchaus nicht simuliert anmutende Sex, den Josh Duhamel mit einer Zeichentrickfigur hat.

Dem amerikanischen Kino wird oft und zu Recht vorgeworfen, es kokettiere bloß mit Geschmacklosigkeiten. Hier aber sind geschätzt mindestens zwei Drittel aller Gags auf den Unterleib bezogen: auf das, was er ausscheidet und auf das, was man hineinstecken könnte. Es dominiert der „locker room“-Humor – womit Witze gemeint sind, die angeblich vorzugsweise in Männerumkleideräumen erzählt werden. Hier werden sie allerdings dann doch eher erzählt als visualisiert. Fast schade, eigentlich. Frank Noack

In elf Berliner Kinos; Originalversion

im Cinestar Sony Center

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