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Einfach ein Top-Typ: Peter Maffay führt die Albumcharts an – zum 20. Mal.

© Peter Kneffel/dpa

Metallica, Depeche Mode und Peter Maffay: Darum dominieren alte, weiße Männer die deutschen Albumcharts

Wer momentan in die Albumcharts schaut, wähnt sich Jahrzehnte zurückversetzt. Lassen wir hierzulande keine frischen Sounds mehr an unsere Ohren?

Peter Maffay, Iron Maiden, Bob Dylan – wer einen Blick auf die aktuellen Top fünf der Deutschen Albumcharts wirft, kommt nicht unbedingt auf die Idee, sich im Jahr 2021 zu befinden. Noch extremer war es in der Vorwoche, in der Metallica mit einem dreißig Jahre alten Album auf Platz eins standen und auch noch Depeche Mode sowie Marillion mit Wiederveröffentlichungen oben mitmischten. Einzig Popschlager-Star Kerstin Ott schaffte es mit ihrem neuen Album „Nachts sind alle Katzen grau“ die Riege der Hardrock-Herren und Synthie-Popper zu durchbrechen. Aktuell hat sie Unterstützung von Sarah Connor, die auf Platz zwei steht.

Was ist da los? Sind die Deutschen musikalische Nostalgiker*innen? Lassen sie keine frischen Sounds mehr an ihre Ohren, lauschen nur den Alten? Ganz so zugespitzt lässt sich das nicht sagen – die Charts spiegeln Verkaufsumsätze. Die setzen sich zusammen aus den Erlösen von Tonträgern wie Schallplatten und CDs sowie Streams aus kostenpflichtigen Musikabonnements. Um die Streams von Plattformen wie Spotify, Apple, Deezer, Amazon oder Tidal in die Albumcharts einbeziehen zu können, hat der Bundesverband Musikindustrie ein ausgeklügeltes Berechnungsverfahren erdacht, dem ein halbjährlich überprüfter (geheimer) Euro-Wert pro Stream zugrunde gelegt wird. Als Richtwert, der auch für die Vergabe von Gold- und Platin-Schallplatten gilt, werden 2000 Streams aus einem Album mit einem verkauften Tonträger gleichgesetzt.

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Weil nun in den Albumcharts die Verkäufe physischer Tonträger nach wie vor eine große Rolle spielen, kann es zu Effekten wie in jüngster Zeit kommen. Denn die Fans von Metallica oder Bob Dylan sind so treu – und solvent –, dass sie etwa für „The Bootleg Series Vol. 16 (1980– 1985)“ oder die Jubiläumsausgabe des Schwarzen Albums gerne 15 bis 20 Euro in der CD-Version oder rund 30 Euro für das Doppelvinyl ausgeben. Ein Künstler mit einem jüngeren Publikum wie Drake, dessen aktuelles Album bisher noch gar nicht als Tonträger erhältlich ist, braucht unglaublich viele Streams, um ähnliche Werte zu erzielen wie Kollegen, die teures Vinyl anbieten.

Die Häufung der alten Rocker auch ein wenig Zufall

Umso erstaunlicher, dass er kürzlich schon mal auf Platz drei stand. Bei ihm kann man sich zudem sicher sein, dass seine Musik auch gehört wurde. Bei Metallica, Marillion oder Depeche Mode, die nur bekanntes Material wiederveröffentlicht haben, kann es gut sein, das die Platten nur in den Schrank gestellt wurden. Wobei die Werke natürlich auch über Streamingplattformen gehört wurden.

Der etwas antiquiert wirkende Charteindruck relativiert sich, wenn man die Veränderungen zu den Vorwochen betrachtet und beispielsweise feststellt, dass der Berliner Rapper Ufo 361 vor Kurzem auf Platz zwei zu finden war oder die US-Indierocker von Imagine Dragons auf Rang fünf. Peter Maffay wiederum stieg mit dem vergangene Woche veröffentlichten „So weit“ direkt auf die Spitzenposition, womit ihm zum 20. Mal ein Nummer-Eins-Album gelungen ist. Metallica und Depeche Mode fielen dagegen aus den Top fünf heraus. Es ist also viel Bewegung drin – und die Häufung der alten Rocker auch ein wenig Zufall.

Schaut man rüber in die deutschen Singlecharts zeigt sich ohnehin ein völlig anderes, gegenwärtigeres Bild. Denn dort finden sich Namen wie Katja Krasavice, RAF Camora, Ed Sheeran oder die Glass Animals in den oberen Regionen. Diese Top 100 basieren fast vollständig auf Streams, da Singles kaum noch als Tonträger gekauft werden. Eine große Lücke haben aber sowohl die Album- als auch die Singlecharts: Youtube-Streams werden bislang nicht einberechnet. Dabei ist der Dienst immer noch die beliebteste Streamingplattform. Würden diese Streams mitzählen, könnte die Bedeutung physischer Tonträger weiter sinken – und wahrscheinlich sähen auch die Albumcharts ein bisschen frischer aus.

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