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Glückliche Gewinner. Die Preisträger des Felix Mendelssohn Bartholdy Wettbewerbs 2019.

© www.fmbhw.de / Urban Ruths

Mendelssohn Hochschulwettbewerb: Gittergesänge

Jugend und Tradition, Cello und Geige: Im Konzerthaus spielen die Finalisten des Mendelssohn-Wettbewerbs, dem ältesten Hochschulwettbewerb Deutschlands.

Erst denkt man: Er wird doch nicht...? Doch er tut’s: Jonas Palm hat zwei Bögen bereitgelegt, und tatsächlich kommen beide zum Einsatz – gleichzeitig. Er spielt Cello mit zwei Bögen, streicht parallel, entlockt dem Instrument sehr handfeste, plastische Laute, es knarzt und gurgelt. Spröde wirkt das, doch die Tonproduktion ist virtuos. Und aus sprödem Material sind ja auch die Holzgitter an japanischen Türen und Fenstern, von denen sich der 24-jährige Komponist Marc David Ferrum zu diesem Stück „Gitter“ hat inspirieren lassen. Die Gitter, die hier Klang werden, sind eine architektonische Nebensächlichkeit, und doch versprechen sie, dass hinter ihnen mehr liegen könnte.

Immer vor also mit der Neuen Musik: Insgesamt drei Stücke werden an diesem Abend uraufgeführt, der die Preisträger des Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerbs präsentiert. Und weil dieses Jahr Cello und Orgel im Mittelpunkt stehen, im UdK-Konzertsaal an der Hardenbergstraße aber keine Orgel zur Verfügung steht, ist man ins Konzerthaus am Gendarmenmarkt ausgewichen. Jugend und Tradition falten sich hier aufs Schönste ineinander. Denn es handelt sich um den ältesten Hochschulwettbewerb Deutschlands, er geht zurück auf die Familie von Felix Mendelssohn Bartholdy, die den Nachlass des 1847 tragisch früh Gestorbenen dem preußischen Staat vermacht hat. Heute befindet er sich in der Staatsbibliothek Unter den Linden, die wiederum zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört – weshalb Stiftungspräsident Hermann Parzinger eine eloquente knackige, professionell kurze Rede hält.

Schüchtern-verzärtelt bis göttergleich-zornig

Im direkten Vergleich zu Ferrums Stück wirkt Christian Josts von Ildikó Szabó uraufgeführtes „lautlos II“ für Solo-Cello mit seinen wellenförmig an- und abschwellenden Sirenengesängen sehr sinnlich. An der Orgel demonstriert Johannes Lamprecht, der erste Preisträger, in Max Regers Choralfantasie „Alle Menschen müssen Sterben“ eindrucksvoll die Ausdruckspalette seines Instruments von schüchtern-verzärtelt bis göttergleich- zornig. Der zweite Preisträger Lars Schwarze interpretiert Mendelsohn Bartholdys Paulus-Ouvertüre vollgriffig und prunkbewusst. Beim Cello wiederum reißt Petar Pejmik in Brahms pizzicatoseliger zweiter Sonate für Cello und Klavier (Annegret Bruns) die Extreme auf, schärft die kantablen wie die rauen Passagen. Das ganz große Werk, Schumanns Cellokonzert, darf der erste Preisträger Sebastian Fritsch zum Finale mit dem Konzerthausorchester spielen. Zwischen ihm und den erfahrenen Musikern koordiniert Corinna Niemeyer am Pult mit zupackender, dezidierter Gestik.

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