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Der Dirigent Marc Minkowski.

© Benjamin Chelly

Marc Minkowski und die Philharmoniker: Im Parnass ist noch Licht

Die Geisteshaltung macht den Klang: Marc Minkowski dirigiert die Berliner Philharmoniker und gibt unter anderem Beethovens „Die Geschöpfe des Prometheus“.

Die Frage, was den Menschen zum Menschen macht, gewinnt in Zeiten des sozialen Verzichts besondere Brisanz. Prometheus riskiert den Zorn des Himmels, um den von ihm aus Ton gekneteten Menschen mit göttlicher Fackel Leben einzuhauchen. Es gelingt ihm auch, doch der Jubel ist nur von kurzer Dauer.

Seine Wesen haben kein Gefühl, verhalten sich träge und verdrießlich. So steht es im Libretto des Ballettdramas „Die Geschöpfe des Prometheus“, das Ludwig van Beethoven 1801 mit symphonischem Ehrgeiz auskomponiert hat.

Die Zuwendungen und Ermahnungen des väterlichen Lebensbringers zeitigen keine Wirkung – bis es auf Bildungsreise zum Kulturforum Parnass geht, wo ein ausgefeiltes Veranstaltungsangebot bereitgehalten wird. Nachdem sie dort die Künste umfassend kennengelernt haben, verfügen die Menschen erstmals über Vernunft und Mitgefühl.

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Marc Minkowski, der „Die Geschöpfe des Prometheus“ bei den Berliner Philharmonikern dirigiert, tut alles, um den Beethoven’schen Furor der Humanität vor erneut nicht ausgebuchtem Pandemieplatzangebot zu entfachen. Er ist ein schwerer Mann mit schweren Schuhen, der auf dem Podium zum geschmeidigen Tänzer wird, der beständig eilen kann, ohne dabei jemals in Hast zu verfallen.

Minkowskis Ensemble Les Musiciens du Louvre kommt bald nach Berlin

Mit seinem eigenen Ensemble Les Musiciens du Louvre vermag er so ein ungemein plastisches Klangbild aufzufächern. Im nächsten Monat wird diese Künstlergemeinschaft zum Herz der Barocktage an der Staatsoper Unter den Linden. Bei den Berliner Philharmonikern muss Minkowski sich darauf verlassen, dass vor allem ihre Solisten auch Lust mitbringen, Beethovens Parcours der Künste mit Bassklarinette, Oboe und Harfe markant zu würzen.

[noch einmal am Samstag, 17.10., 19 Uhr, Live-Übertragung in der Digital Concert Hall, digitalconcerthall.com]

Das gelingt mit schönem Schwung und beinahe allzu müheloser Rasanz, erreicht aber nicht jene Expressivität, die Minkowskis Kunst gemeinhin auszeichnet. Was sie vermag, klingt an bei der vorangestellten 59. Symphonie von Joseph Haydn, die wegen ihrer lodernden Motivsprünge von Zeitgenossen „Feuersymphonie“ getauft wurde.

Der Dirigent führt die Berliner Philharmoniker so, als hätten sie hier ein genuines Werk des Barock auf den Pulten. Für Minkowski besitzt das Repertoire selbst keine Binnengrenzen, die Geisteshaltung macht den Klang. Dieses Credo leuchtet mit Haydn in der Philharmonie auf, unspektakulärer als bei Beethovens „Prometheus“-Drama und doch ganz von seinem Furor beseelt.

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