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"Manon"-Premiere: Triumph für das "Traumpaar" der Oper

Hollywood-Glamour für Anna Netrebko und Rolando Villazón: Die Premiere von "Manon" wurde vom Publikum an der Staatsoper Unter den Linden bejubelt.

Berlin - Ob als Unschuld vom Lande oder Sünderin in rot: Wenn Anna Netrebko für "Manon" in Berlin auf die Bühne tritt, weht ein Hauch von Hollywood durch die Staatsoper Unter den Linden. Mal erinnert die Starsopranistin im Petticoat und weitem Ausschnitt an Gina Lollobrigida, im engen Lametta-Kleid sieht sie als blondierter Vamp Marilyn Monroe ziemlich ähnlich. Und wenn sich Netrebko und Rolando Villazón im Lotterbett ganz der Liebe hingeben, läuft das derzeitige "Traumpaar der Oper" zur Vollendung auf. Das Publikum der mit viel Spannung erwarteten Premiere von Jules Massenets Drama jubelte am Sonntag den Sängern sowie dem Dirigenten Daniel Barenboim fast eine halbe Stunde lang zu.

Die Russin und der Tenor aus Mexiko bedankten sich ausgiebig bei den rund 1600 Zuschauern in dem seit Monaten ausverkauften Haus am Lindenboulevard. Sie rissen die Arme in die Höhe, machten Freudensprünge und fielen Barenboim, der als Generalmusikdirektor das Sänger-Paar an die Staatsoper geholt hatte, in die Arme.

Alle Vorstellungen seit Monaten ausverkauft

Wie Popstars werden Netrebko und Villazón zur Zeit vermarktet, ihre CD mit Opern-Duetten hat sich in sechs Wochen mehr als 100.000 Mal verkauft und schaffte es bis an die Spitze der Charts - noch vor Tokio Hotel und DJ Ötzi. Am 9. Mai zeigt der Kulturkanal Arte eine Aufzeichnung der Premiere, am 19. Mai wird die Aufführung live auf den Bebel-Platz vor der Staatsoper übertragen. Alle sieben Vorstellungen im Haus sind seit Monaten ausverkauft.

Die Zuhörer, die bis zu 160 Euro für eine Karte bezahlt hatten, nahmen den Trubel zunächst gelassen. Erst als die 35-jährige Netrebko im dritten Akt ihre Arie beendete, brandeten die Bravo-Rufe auf. Dabei wollte es Regisseur Vincent Paterson dem Publikum ganz leicht machen und stellte die aufwendige Inszenierung ganz auf die beiden Hauptdarsteller ein. In dem farbenprächtigen Spektakel bietet Paterson viele Anspielungen auf klassische Musicalfilme, postiert die Gesangstars immer in die Bühnenmitte. Und damit es auch jeder versteht, holt er in den Schlüsselszenen fünf Beleuchter auf die Bühne und lässt die Netrebko besonders hell aussehen.

Nach Madonna und Michael Jackson nun Anna Netrebko

Der Opern-Neuling kennt sich mit Starkult gut aus: Für Madonna und Michael Jackson inszenierte der Amerikaner Video-Clips und ganze Tourneen, in Berlin gab er er den Klassiker "Cabaret" in der "Bar jeder Vernunft" heraus.

Die Geschichte der Kindfrau Manon, die sich kurz vor Eintritt in das Kloster in den jungen Adligen Des Grieux verliebt, ihn dann wieder verlässt und in Paris als "Femme fatale" Karriere macht, lässt der Amerikaner nicht im 18. Jahrhundert des Originals, sondern in der Nachkriegszeit spielen. Die knallbunten Kostüme (Susan Hilferty), das Bühnenbild mit überlebensgroßen Paris-Bildern in Schwarz-weiß (Johannes Leiacker), die stilechten Uniformen von Soldaten und Polizisten und jede Menge Tricolore erinnern an den Blick aus Hollywood auf das "alte Europa" der sechziger Jahre.

Bezaubernde Netrebko - Villazón sorgt für Gänsehaut

Ob als keusches Schulmädchen oder reuige Sünderin - Netrebko ist mit ihrer makellosen Stimme und ihrer Schönheit der Star des Abends. Sie spitzt ihren Schmollmund, rollt mit den Augen, liefert sich im Babydoll eine Kissenschlacht mit ihren Geliebten Des Grieux und turtelt mit den Nebenbuhlern. Die Sängerin lässt sich dreieinhalb Stunden Zeit, um ihr Publikum zu erobern, dass ihr zum Schluss zu Füßen liegt.

Doch erst Villazón, der zur Zeit wohl weltweit beste Tenor, verleiht der Aufführung die dramatische Tiefe. Als enttäuschter Geliebter, der in der Priesterrobe Manons Begehren widerstehen möchte, sorgt erst er für den Gänsehaut-Effekt. Der Mexikaner hat sich als Darsteller weiter entwickelt, ist längst nicht mehr der Zappelphilipp früherer Bühnentage. Am Schluss, als er mit seiner toten Geliebten in den Armen in Richtung Morgenröte wie im kitschigen Heimatfilm entschwindet, spürt auch der abgeklärteste Zuschauer, wie dem Unglücklichen das Herz zerbricht. (Von Esteban Engel, dpa)

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