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Der italienische Geiger und Dirigent Antonello Manacorda

© Sebastian Gabsch / PNN

Manacorda und das RSB: Herzenssache Schubert

Antonello Manacorda debütiert mit Beethoven und der „Großen“ C-Dur-Symphonie von Schubert beim Rundfunk-Sinfonieorchester.

„Schärfsten Ausdruck des Einzelnen“ liest Robert Schumann aus der Partitur der C-Dur-Symphonie von Franz Schubert. Und im ausverkauften Konzerthaus ist eine Interpretation zu erleben, die diese Lesart nachdrücklich betont.

Am Pult des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin steht zum ersten Mal Antonello Manacorda, seit 2010 Künstlerischer Leiter der Kammerakademie Potsdam, und er sorgt dafür, dass sein Debütkonzert Steigerungsform gewinnt. Vor der „Großen“ Schuberts erklingt nämlich die achte Symphonie F-Dur von Ludwig van Beethoven.

Dass dies ein Werk subtiler Heiterkeit ist, ein ausgelassenes Fantasiespiel zwischen den monumentalen Kompositionen der siebenten und der neunten Symphonie, das genügt Manacorda offenbar nicht. Denn die Natürlichkeit des Ausdrucks in der Musik trifft hier auf seine Neigung, Artikulation im Detail zugunsten anfeuernder Intensität zu opfern. So entbehrt auch das berühmte Allegretto scherzando mit der tickenden Metronombewegung der Bläserakkorde einer sensibleren Grazie. Aber nach Beethovens Achter als der ersten Annäherung zwischen dem Dirigenten und dem Orchester verliert sich zum Glück der pauschale Schwung.

Vital federn die Triolen

Manacorda hat die Schule Claudio Abbados genießen dürfen, als er, ursprünglich Geiger, langjähriger Konzertmeister des Mahler Chamber Orchestra war. Und der Italiener mit dem Melodieinstrument ist ohnehin Melodiker von Natur. Sein Schubert-Zyklus für Sony mit der Kammerphilharmonie hat einen Echo Klassik gewonnen. Die Karriere ist weiter im Aufwind, nach Debüts bei führenden Orchestern in Skandinavien und Österreich sowie an Bühnen wie der Bayerischen Staatsoper und der Komischen Oper Berlin. Schon in dieser Spielzeit dirigiert er auch die NDR-Elbphilharmonie.

Dass Schuberts größtes instrumentales Werk ihm eine Herzenssache ist, hat Manacorda in Berlin schon 2015 mit seinen Potsdamer Musikern im Kammermusiksaal erkennen lassen. Die RSB-Bläser füllen an diesem Abend feine Soli im Andante der Symphonie mit individuellen Farben, die zweiten Violinen singen ihr Thema leise, Kontraste werden differenziert. Bis nach dem Fortissimo-Akkord die ungeheure Generalpause ausbricht und die Stimmung zaghaft ins Melodische zurückfindet: Auch dieser wundersame Umschwung ist bei Manacorda voll schärfsten Ausdrucks. Und die Symphonie will sich nicht erschöpfen und enden in ihrer Liedhaftigkeit, alles wiederholt sich im wandlungsvollen Durchführungsteil des Finalsatzes mit ausgeweiteter Coda, vital federn die Triolen.

Der Maestro behält die Form der „himmlischen Länge“ im Blick, bis – letzte Pause, letzter Akkord – Stille eintritt. Überschwänglicher Beifall des Publikums. Das ebenfalls applaudierende RSB und der Dirigent haben offenbar Gefallen aneinander gefunden.

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