zum Hauptinhalt
 Sergei Loznitsas vielfach preisgekrönte Filme sind oft auf den großen Festivals wie in Cannes oder bei der Berlinale zu sehen.

© AFP/Valery Hache

"Maidan"-Regisseur Sergei Loznitsa: Ukrainischer Filmemacher aus Filmakademie seines Landes ausgeschlossen

Sergei Loznitsa ist gegen einen pauschalen Boykott russischer Filme. Jetzt hat die Ukrainische Filmakademie ihn ausgeschlossen - weil er sich als Kosmopolit bezeichne.

Der ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa wird nach einer Entscheidung des Vorstands von der Filmakademie seines Landes ausgeschlossen.

Loznitsa war Ende Februar seinerseits aus der Europäischen Filmakademie ausgetreten, weil er deren Reaktionen auf Putins Angriffskrieg in der Ukraine für "verschwurbelt" hielt. Bald darauf kritisierte er den dann ausgesprochenen General-Boykott russischer Filme beim nächsten Europäischen Filmpreis.

Es war die Ukrainische Filmakademie, die gleich nach Kriegsbeginn am 24. Februar den vollständigen Boykott russischer Filme vom Westen gefordert hatte. Loznitsa, so heißt es zur Begründung in einer Mitteilung des Filmfestivals Odessa, habe sich als "Kosmopolit" bezeichnet. Aber angesichts des Krieges sollte jeder Ukrainer sich zu seiner nationalen Identität bekennen. Zwischentöne seien derzeit nicht angebracht.

Außerdem seien Filme des Regisseurs, der in Weißrussland geboren wurde und in Kiew aufwuchs, zum Festival russischer Filme im französischen Nantes eingeladen, zu einem Programm unter dem Titel "Von Lemberg bis zum Ural".

Auf der Webseite des Festivals, das vom 31. März bis zum 3. April läuft, wird der Krieg unmissverständlich verurteilt und eine Spendensammlung für das Rote Kreuz in der Ukraine angekündigt. Es sollen russische und ukrainische Filme gezeigt werden, die Stellung gegen den Krieg beziehen und politische Zusammenhänge erhellen. Auf russische Förderung verzichtet das Festival explizit.

[Die Tagesspiegel-App: Alle aktuellen Nachrichten, Hintergründe und Analysen direkt auf Ihr Smartphone. Dazu die Digitale Zeitung.]

Noch ist das Programm nicht online. Aber den bereits veröffentlichten Fotos zufolge werden unter anderem Loznitsas "Donbass", der vom Krieg in der Ostukraine und vom mutigen Kampf der Ukrainer erzählt, und "Petrov's Flu" gezeigt, das jüngste Werk des russischen, von Putins Regime schikanierten Film- und Theaterregisseurs Kirill Serebrennikow.

Auch in einigen Berliner Kinos werden Loznitas Filme derzeit wieder gezeigt, darunter "Donbass" und sein Dokumentarfilm über die Unabhängigkeitsproteste auf dem "Maidan".

[Das tägliche Update zum Krieg in der Ukraine:  Jeden Abend per Newsletter Nachrichten, Hintergründe und Analysen]

Der 57-jährige Loznitsa zeigte sich nach seinen anfänglichen Protesten gegen die "Kopf in den Sand"-Haltung der Europäischen Filmakademie beschämt über deren pauschalen Boykott russischer Filmschaffender. Die Putin-kritischen Filmemacher seien "wie wir Opfer der Invasion".

Als einer der ersten habe der russische Dokumentarfilmer Viktor Kossakovsky ("Gunda") ihm nach Beginn der Invasion eine Nachricht geschickt: „Vergib mir. Dies ist eine Katastrophe. Ich schäme mich so.” Es sei grauenvoll, was vor unser aller Augen geschieht, sagte Loznitsa Ende Februar, wie die "Variety" berichtete. „Aber ich bitte Euch, nicht verrückt zu werden. Wir sollten Menschen nicht nach ihrem Pass beurteilen, sondern nach ihren Taten.“

Inzwischen betont Loznitsa in Interviews die Mitverantwortung des Westens für den Krieg, da das übrige Europa die Krim-Annexion und die russischen Kriegshandlungen im Donbass tatenlos hingenommen habe. Er fordert unter anderem die Schließung des Luftraums über der Ukraine, wie viele seiner Landsleute. Der Ukrainischen Filmakademie ist das offenbar noch nicht unmissverständlich genug.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false