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Mit ihrem Roman "Schutzzone" nominiert. Die Berliner Dichterin und Erzählerin Nora Bossong.

© Jens Kalene/p-a/dpa

Longlist veröffentlicht: Viele Newcomer für den Deutschen Buchpreis nominiert

Die Longlist zum Deutschen Buchpreis ist da. Welcher von den 20 Titeln macht im Oktober das Rennen?

Lustigerweise kann man nach der Veröffentlichung der 20 Titel umfassenden Longlist für den am 14. Oktober zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse verliehenen Deutschen Buchpreis wieder einmal konstatieren: Die deutsche Gegenwartsliteratur, sie blüht und gedeiht, sie ist so lebendig, wie sie in den vergangenen Jahren schon überaus lebendig war, sie ist stilistisch so reich und stofflich so vielfältig wie nie, sie produziert immer wieder neue hoffnungsvolle Talente.

Um also nicht wieder mit denen anzufangen, die nicht auf dieser Longlist stehen, weil sie die Güte der hiesigen Literatur erst recht dokumentieren, seien hier ein paar Namen und Titel der Longlist genannt, die das Lesepublikum naturgemäß nicht kennen kann, aber auch Literaturbetrieb und Literaturkritik kaum bis gar nicht ein Begriff sind. Zum Beispiel Tom Zürcher mit seinem Roman „Mobbing Dick“, einer Persiflage auf den Schweizer Bankenbetrieb. Sein Verlag schreibt, Zürcher sei „bis heute der unentdeckteste Schriftsteller der Schweiz“ gewesen.

Oder Lola Randl, die eigentlich Filmemacherin und Drehbuchautorin im Erstberuf ist und mit „Der große Garten“ ein Buch über ihr Leben in der Utopisten-Siedlung in Gerswalde geschrieben hat. Oder Eva Schmidt, die in ihrem Roman „Die untalentierte Lügnerin“ von einer jungen Frau erzählt, der im Leben nicht gar so viel gelingt. Oder den 1992 in New Delhi geborenen, in Nicaragua und Wien aufgewachsenen Tonio Schachinger mit seinem Roman über einen Fußballer (schau an, schau an!), „Nicht wie ihr“.

Es ließen sich noch so einige weitgehend unbekannte Namen nennen, was ja seinen Reiz hat. Das Talentscouting ist der Buchpreis-Jury hochanzurechnen. Nur stellt sich die Frage, ob diese Titel wirklich besser, preiswürdiger sind als die vielen, die nicht nominiert sind. Tatsächlich könnte man auch eine alternative Longlist erstellen, auf der dann zum Beispiel Norbert Gstrein, Andreas Maier, Steffen Kopetzky, Berit Glanz, Terézia Mora, Sherko Fatah, Eugen Ruge, Sibylle Berg, David Wagner, Emma Braslavsky, Alain Claude Sulzer, Simone Lappert, Thomas Lang, Friedrich Christian Delius oder Stefanie Velasco mit ihren neuen Romanen stehen.

 Die Shortlist wird im September veröffentlicht

Ja, der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur wohnt ein ungeheurer Reichtum und eine ungeheure Vielfalt inne. Nur bildet diese Longlist 2019 trotz der 20 Titel das nur unzureichend ab, die Liste hat auch etwas ungemein Beliebiges. Es ist egal, aber, um mit Tocotronic zu sprechen. Es ist aber auch so, dass es Jahr für Jahr immer weniger Bücher gibt, auf die sich wirklich alle bezüglich ihrer Qualität und Wichtigkeit einigen können, dass schnelle Lesbarkeit und Mittelmaß dominieren.

Und es scheint auch so, dass Verlagen wie auch der Literaturkritik mehr und mehr die Kategorien ins Rutschen kommen – angefangen von den zahlreichen literarisch zumeist dünnen Schauspielerinnenromanen, die aus Popularitätsgründen auch in den Feuilletons besprochen werden bis hin zu dem Debütroman von Karen Köhler, „Miroloi“, der zum Teil vernichtend besprochen wurde, als „naives Jugendbuch für Leserinnen ab 14 Jahre“ gar - nur um hier doch wieder als Kandidat dafür auftaucht, zum Roman des Jahres gekürt zu werden, wie der Auftrag des Deutschen Buchpreises lautet.

Ansonsten hat die Jury des Deutschen Buchpreises, wie es sich gehört, die Gießkanne herausgeholt, hat Bücher kleiner Verlage nominiert, wie die eben oben Genannten. Sie hat auf den Proporz zwischen den etablierten Literaturverlagen geachtet (von Kiepenheuer & Witsch allerdings kein Titel dabei, vom zuletzt viel gescholtenen Hanser Verlag gleich vier, aber halt nicht der ewig übergangene Norbert Gstrein mit „Als ich jung war"), sie hat ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis geschaffen (elf Frauen, neun Männer).

Nicht zuletzt hat sie Titel nominiert, an denen wirklich niemand vorbei kommt und die sicher auf der am 17. September bekannt gegebenen Shortlist stehen dürften, von Nora Bossongs „Schutzzone“ und Marleene Streeruwitz’ „Flammenwand“ über Norbert Scheuers „Winterbienen“ und Saša Stanišics „Herkunft“ bis hin zu Jackie Thomaes wirklich gutem Roman „Brüder“.

Wobei hier gerade auffällt: Einer der Trends auf dem Buchmarkt geht zum Ein-Wort-Titel.

Die Liste im Überblick

Der Deutsche Buchpreis wird von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vergeben. Förderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland. Die Preisverleihung findet am 14. Oktober 2019 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.

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