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Halldór Gudmundssons Buch über Islands Bankrott: Sagenhaft

Halldór Gudmundssons Buch über Islands Bankrott

Auf der letzten Frankfurter Buchmesse konnte man Halldór Gudmundsson dabei beobachten, wie er Werbung für den Gastlandauftritt Islands 2011 machte. Er verteilte unter anderem Kärtchen, auf denen „Sagenhaftes Island“ stand. Obwohl diese Bezeichnung immer ihre Richtigkeit hat, war sich Gudmundsson nur zu bewusst, wie ironisch und doppelbödig sie zu diesem Zeitpunkt rüberkam. Eine Woche zuvor nämlich hatte in Reykjavik Islands Premierminister Geir Haarde eine Fernsehansprache gehalten und darin den Zusammenbruch des isländischen Finanzsystems verkündet: „Gott segne Island!“

Gudmundsson, der eine Art Literaturimpressario auf Island ist, Strippenzieher, Literaturvermittler, Verleger, Schriftsteller und Halldór-Laxness-Biograf in Personalunion, dieser Halldór Gudmundsson hat sich zumindest seinen Unternehmergeist und seine gute Laune nicht nehmen lassen und mit dem Journalisten und Reisebuchautor Dagur Gunnarsson ein Buch über den Staatsbankrott Islands im Verlauf der weltweiten Finanzkrise geschrieben: „Wir sind alle Isländer. Von Lust und Frust, in der Krise zu sein“. Darin schildert Gudmundsson, wie der sagenhafte Reichtum Einzug auf der Insel erhielt und wie das große Kartenhaus der isländischen Banken schließlich zum Einsturz kam. Vor allem aber besteht dieses Buch aus Gesprächen mit isländischen Bürgern, in denen diese erzählen, wie sie die Krise erlebt haben. Bäcker, Architekten, Polizisten, aber auch die ehemalige Außenministerin Ingibjörg Solrun Gisladottir oder der Schriftsteller Hallgrímur Helgason. Dieser sagt: „Man tat, als ob man jede Menge Geld hätte, als würde es nie ausgehen“. Und er hofft, „dass die neue Situation keine Dämonen wie Nationalismus und das Verlangen nach starken Führern mit sich bringt“.

Wie es weitergeht, weiß auch Gudmundsson nicht. Er spricht am Ende von Zorn, der in Trauer und dann in Kreativität münden soll, vom sprichwörtlichen isländischen Einfallsreichtum, der wieder zum Zug kommen muss – das von seinem Verlag etwas arg launig gestaltete Buch aber dokumentiert mehr den Frust als die Lust, in der Krise zu sein. Eins aber ist bei aller Ungewissheit über die Zukunft sicher: Island kommt 2011 mit Mann, Maus und Laptop nach Frankfurt, egal was noch alles passieren mag. Gerrit Bartels

Halldór Gudmundsson, Dagur Gunnarsson: Wir sind alle Isländer. Vom Lust und Frust in der Krise zu sein. btb Verlag, München 2009.

192 Seiten, 14, 95 €.

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