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Ein Mythos lebt fort - bis heute: Der ewige Landser

Sammelband zum Bild der Wehrmacht.

In der jungen Bundesrepublik etablierte sich bald ein eigener Zweig der Literatur- und Filmproduktion: die Darstellung der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Autoren wie Paul Carrell („Unternehmen Barbarossa“), Heinz Konsalik („Der Arzt von Stalingrad“) und Hans Hellmut Kirst („08/15“) prägten die populäre Vorstellung vom tapferen Soldaten und seiner militärischen Überlegenheit. Doch hinter dem Namen Carrell beispielsweise verbarg sich Paul Karl Schmidt, ehemaliger SS-Obersturmbannführer und Pressechef von Reichsaußenminister von Ribbentrop. Etliche Propaganda-Größen des NS-Regimes machten auf diese Weise weiter. So stellte Heinrich Roellenbleg, vormals Leiter der „Kriegswochenschau“, aus den von ihm selbst verantworteten Ufa-Filmen die Pseudo-Dokumentation „So war der deutsche Landser“ von 1955 zusammen.

Die Heftchen vom Zeitungskiosk

Millionen von Kriegsheimkehrern lasen die „Landser“-Heftchen, die den seit etwa 1940 gebräuchlichen Begriff für den einfachen Soldaten im Titel trugen, Millionen die Zeitschrift „Kristall“ aus dem Springer-Verlag, wo seit Anfang der fünfziger Jahre Serie um Serie von Artikeln über den Krieg erschienen und das Bild des tapferen und „sauberen“ Wehrmachtssoldaten zementierten.

Dem „populären Bild der Wehrmacht“ – so sein Untertitel – widmet sich der von dem Aachener Historiker Jens Westemeier herausgegebene Sammelband „So war der deutsche Landser ...“ in 17 Beiträgen. Dabei geht es nicht nur um die für die fünfziger Jahre typische Trivialliteratur. Auch der sogenannte „Anti-Kriegsfilm“ dieser Zeit wird anhand berühmter Beispiele wie „Die Brücke“, „Canaris“ oder „Des Teufels General“ auf apologetischen Gehalt untersucht. Volker Benkert führt diesen Ansatz mit der Betrachtung der ungemein erfolgreichen ZDF- Fernsehserie „Unsere Mütter, unsere Väter“ (2013) fort.

Die Fliegerhelden bleiben ein Mythos

Heldenerzählungen rankten sich insbesondere um Jagdflieger der Luftwaffe. Mittlerweile hat sich das Bild vom wagemutigen Einsatz und der militärtechnischen Überlegenheit – nicht zuletzt der „Panzerwaffe“ – zwar etwas abgenutzt, stellt etwa Ralf Raths fest. Andererseits spürt Karsten Wilke „apologetische Narrative zur Wehrmacht und zur Waffen-SS“ im heutigen Internet auf. „So bleibt resignierend festzustellen, dass fast 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges der ,Mythos Wehrmacht‘, die Legende von der ,sauberen‘ Wehrmacht und den ,Supersoldaten‘ weiterlebt“, bilanziert dementsprechend Herausgeber Westemeier.

Jens Westemeier (Hrsg.): „So war der deutsche Landser ...“. Das populäre Bild der Wehrmacht. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2019. 361 S., 21 Abb., 39,90 €.

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